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Von Klaus Büstrin: Die kurze „preußische Liebe“

Felix Mendelssohn Bartholdys musikalische Beziehungen zu Potsdam und Berlin / Zum 200. Geburtstag des Komponisten

Stand:

„Diesmal habe ich Dir auch hübsche Sachen zu erzählen“, schreibt Fanny Hensel, die Schwester Felix Mendelssohn Bartholdys, in einem an Brief an Rebekka Dirichlet. „Der Sommernachtstraum ist im Neuen Palais geträumt ... Es war wunderschön, und besonders ist die Musik das Zauberhafteste, was man hören kann ...“ Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ wurde am 14. Oktober 1843 unter der Leitung des Dichters und Regisseurs Ludwig Tieck vor König Friedrich Wilhelm IV. und 200 geladenen Gästen im Theater des Neuen Palais aufgeführt. Dazu erklang erstmals die Musik Felix Mendelssohn Bartholdys, von ihm selbst geleitet.

Der Komponist wird 2009 besonders im Focus von vielen Gedenkveranstaltungen stehen, wird doch am 3. Februar sein 200. Geburtstag gefeiert. Wichtige Lebensstationen für Mendelssohn Bartholdy waren Preußens Hauptstadt Berlin und die kleinere Residenzstadt Potsdam. Sie standen unter der strengen baukünstlerischen „Beobachtung“ König Friedrich Wilhelms IV., der in der Geschichtsschreibung als dilettierender Architekt anerkannt wird. Doch auch für das Musikleben, vor allem am Hofe, wollte er die besten Künstler seiner Zeit gewinnen. Dazu gehörten Giacomo Meyerbeer und Felix Mendelssohn Bartholdy.

Der Theologe Christian Karl Josias von Bunsen setzte sich 1841 beim König für eine Berufung Mendelssohns ein, der seine Kinder- und Jugendjahre in Berlin verbrachte und auch in Leipzig als Gewandhauskapellmeister wirkte. Bunsen überreichte Friedrich Wilhelm ein Papier, in dem er Mendelssohns Vorzüge für eine bedeutende musikalische Aufgabe in Preußen schilderte: „Es handelt sich darum, dass die schönste und edelste Musik (die Kirchenmusik) wieder in das Leben, sowohl in das allgemeine Volksleben, als in das gesellschaftliche Leben der höheren und höchsten Stände ... eingeführt werde.“ Der Theologe warb für die Einrichtung eines Konservatoriums, für die „Aufführung wahrer gottesdienstlicher Musik nach Ew. Majestät Anordnung.“ Am 4. Januar erließ der König eine Kabinettsorder, in der es hieß, dass er Mendelssohn „an die Spitze aller evangelischen Kirchen-Musik der Monarchie zu stellen beabsichtige. Es wird darauf ankommen, das Alte, zum Theil Traditionelle der Vergessenheit zu entreißen und es dem gegenwärtigen Bedürfniß anzupassen.“ Das bedeutet, dass man vor allem im Dom zu Berlin „guten, echten Chorgesang, das heißt gregorianischen, mit Compositionen im Kirchenstile, alten und neuen“ zu musizieren habe. Des Generalmusikdirektors Kompositionen waren bei der Domgeistlichkeit nicht sehr gefragt.

Obwohl seine „preußische Liebe“ – so heißt es in einem Brief Mendelssohns an den Geiger Ferdinand David – eine „unglückliche“ und von kurzer Dauer war, offenbarte sich des Komponisten Muse in Berlin und Potsdam dennoch auf glückliche Weise. Den Kontakt zum Theater vermittelte dem Meister eine Reihe von Schauspielmusiken. Friedrich Wilhelm bat seinen Generalmusikdirektor, die Bühnenmusik u.a. zu Sophokles „Antigone“, Racines „Athalia und Shakespeares „Sommernachtstraum“ zu schreiben. Den „persönlichen Befehl“ nahm Mendelssohn gern entgegen und machte sich mit Freude an die Komposition der Sommernachtstraum-Musik. Die Bühnenproben begannen für das Shakespeare-Stück am 27. September 1843. Ferdinand Hiller berichtete: „ Zu Tische im Einsiedler in Potsdam, hatte sich Mendelssohn, von der Probe kommend, zu uns gesellt – er schien sehr befriedigt – es war ein heiteres, echt künstlerisches Zusammensein. Felix hatte zwölf Proben gehalten, und man sah, was mit diesen Kräften unter der Leitung eines solchen Dirigenten zu leisten war.“

Der Erfolg der Aufführung im Neuen Palais sprach sich bei den Theaterfreunden Potsdams herum. Sie richteten einen Brief an das Königliche Schauspielhaus Berlin – es war der Veranstalter – , die Inszenierung möge doch im Schauspielhaus für alle Bewohner der kleineren Residenzstadt gezeigt werden. Von einem Gastspiel ist nichts bekannt. Mendelssohn hatte in Potsdam nicht nur zur Hofgesellschaft guten Kontakt, sondern auch zu bürgerlichen Kreisen, so zum Gartendirektor Peter Joseph Lenné, zu Wilhelm von Türk, dem Pädagogen und Neugestalter des preußischen Schulwesens, sowie zu Ludwig Huth, dem Dirigenten des Gesangsvereins für klassische Musik. Dieser lud den Komponisten zu einem Konzert seines Chores ein. Da Huth Mendelssohns Oratorium „Paulus“ aufführen wollte, sollte der Meister das Ensemble vorher begutachten. Das Urteil fiel positiv aus. Daraufhin gab der Gesangsverein die Oratorien „Paulus“ und Elias“ des öfteren in Potsdam zum Besten.

1843 ging Mendelssohn nach Leipzig, gründete dort das Konservatorium, die erste Musikhochschule Deutschlands, wurde wieder Gewandhauskapellmeister sowie Ehrenbürger der Stadt Leipzig. Er starb am 4. November 1847 in der sächsischen Messemetropole.

„Auf in''s Mendelssohn-Jahr...“ heißt es am morgigen Sonntag in der Klein-Glienicker Kapelle beim Orgelkonzert mit Tobias Scheetz . Er spielt Werke von Bach, Mendelssohn,Schumann u.a. Beginn: 16 Uhr.

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