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Kultur: Die Musik Bachs mit Leben erfüllt

Thomas Pietsch spielt Barockmusik

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„Sei solo.“ So schrieb Johann Sebastian Bach auf dem Deckblatt seines Manuskripts zu den sechs Sonaten und Partiten für Violine solo. „Sei solo“ ist für Geiger eine Art Bibel, die sie oft ihr künstlerisches Leben begleitet. Spieltechnisch sind die Sätze von unterschiedlichem Anspruch und dementsprechend auch beliebte Unterrichtsstücke. Aber die musikalische Tiefe zu ergründen erfordert nicht selten einen jahrzehntelangen „Reifeprozess“, sodass der Violinist sich immer wieder von Neuem mit diesen Werken auseinandersetzt und jedes Mal dem Kern der Sache ein Stück näherkommen möchte. Auch der Hamburger Geiger Thomas Pietsch, der längst ein Spezialist für barocke Musik auf seinem Instrument ist, reiht sich da ein.

Der gebürtige Potsdamer weilt mindestens einmal im Jahr in seiner Heimatstadt und gibt Konzerte, oftmals auch in Zusammenarbeit mit dem Kantor der St. Nikolaikirche, Björn O. Wiede. Zu den diesjährigen Osterfesttagen musiziert er aber gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Organistin Dagmar Lüpking. Am kommenden Sonntag sind in der Friedenskirche Werke von Heinrich Ignaz Biber, Johann Schop oder Johann Gottfried Walther zu hören. Ostermontag lassen beide Musiker im Ausstellungspavillon auf der Freundschaftsinsel barocke Klangbilder entstehen.

Thomas Pietsch hat soeben eine neue CD eingespielt, in der er die Solosonaten und -partiten für Violine von Johann Sebastian Bach musiziert. Das kunstvolle Musizieren hat der junge Bach bereits während seines Studienaufenthalts bei Dietrich Buxtehude in Lübeck kennengelernt. Dort wirkte eine ganze Reihe von bedeutenden Geigern, die die geistliche und weltliche Musik der Hansestadt bestritten. Thomas Pietsch hat darüber einen informativen Beitrag im Booklet verfasst.

Bach komponierte „Sei solo“ in einer für ihn glücklichen und fruchtbaren Zeit: am Köthener Hof, wo er sich der Vielfalt musikalischen Produzierens widmen konnte. In diesem inspirierenden Umfeld schrieb er dieses Monumentalwerk unbegleiteter Violinmusik auf: drei Sonaten vom Typus der Sonata da chiesa und drei Partiten aus Tanzsätzen. Bach hat den Werkzyklus von vornherein sechsteilig geplant, was Sonaten und Partiten in einen großen Zusammenhang setzt, der sich unter anderem auch im Tonartenplan zeigt.

Ein Abspulen von bekannter Musik erlebt der Hörer auf der CD erwartungsgemäß nicht. Thomas Pietsch offenbart auf seiner Geige des Wiener Instrumentenbauers Hannß Khögl aus dem Jahre 1672 wiederum ein tief sitzendes Bedürfnis nach dem Erforschen von Zusammenhängen auf der einen und Ausdrucksmöglichkeiten auf der anderen Seite. Thomas Pietsch reflektiert und gestaltet jeden einzelnen Satz, verliert dabei aber nie das Gesamtwerk aus dem Blick. Immerhin handelt es sich um Werkzyklen, deren Einzelteile ein Gesamtgefüge ergeben und das auch so behandelt werden will. Er füllt die Sonaten und Partiten mit reichem Leben. Als Hörer kommt man zu einem spannungsvollen Miteinander: zu Bach und dem Barockviolinisten. Klaus Büstrin

Thomas Pietsch, „Sei Solo“, Sonaten und Partiten von Bach, Label Es-Dur Hamburg, 2 CDs, 29.90 Euro. Konzerte am Ostersonntag um 18 Uhr in der Friedenskirche Sanssouci (Eintritt 6 Euro) und Ostermontag um 14 Uhr im Ausstellungspavillon auf der Freundschaftsinsel (Eintritt frei)

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