
© Andreas Klaer
Die neue Jane Austen: Denis Scheck huldigt Julia Schoch
Der Literaturkritiker und Lit:Potsdam-Leiter moderierte in Potsdam die Buchpremiere von „Wild nach einem wilden Traum“. Autorin und Festival zeigten die Liga, in der sie spielen.
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Jane Austen, Thomas Mann, Franz Kafka. Ernest Hemingway? Als Julia Schoch am Donnerstag ihr neues Buch „Wild nach einem wilden Traum“ im Palais Lichtenau vorstellt, macht Moderator Denis Scheck deutlich, in welcher Liga er die Potsdamer Autorin verortet. Immer wieder wirft er Zitate aus dem Kanon der Weltliteratur in den Raum, lanciert sie in freundlich-beharrlichem Singsang. „Ganz schöne Sentenzen, Herr Scheck!“, ruft Julia Schoch irgendwann. „Jederzeit gern“, erwidert der sinngemäß. Der Saal lacht.
Die beiden kennen sich, kennen das Spiel des Literaturbetriebs. Aber die Art und Weise, wie Julia Schoch es an diesem Abend (Scheck: „Eine Deutschlandpremiere!“) spielt, ohne wirklich mitzuspielen, sagt viel über diese Frau und ihr Schreiben aus. Alles ungebrochen Großspurige, Bedeutungshudelnde ist ihr fern. Das weiß, wer die Trilogie „Biografie einer Frau“ kennt. Wer Schoch sprechen, lesen hört, wird an den Humor erinnert, der in den Romanen allenthalben schlummert. Oft nur verdeckt von der viel deutlich spürbaren Melancholie.
Mit „Wild nach einem wilden Traum“ geht die Trilogie zu Ende, höchste Zeit grundsätzlich zu werden. Scheck fragt zunächst den Unterschied zwischen Autobiografie und Autofiktion ab. Schoch: Autofiktion „verarscht“ die Leserschaft nicht, „denn sie tut nicht so, als wüsste sie, wie Leben geht. Das weiß niemand.“ Weiter zum Kernthema: die Liebe. Erst sie mache ihr Leben erzählbar, sagt Schoch, „zu einer Geschichte“. Die romantische Liebe existiere ja vermutlich ohnehin nicht, oder vielmehr, da sind Schoch und Scheck einig: nur in der Vorstellung.
Erinnerung, ihr großes Thema, müsse sie nicht beschwören, sie überfalle sie, sagt Schoch. In der Literatur könne man von einer Ebene in die nächste fahren, „ein Fahrstuhl“. Wie komplex, wie kunstvoll verwoben das ist, ohne je eineindeutig dingfest zu sein, ist danach in der Lesung zu hören. Ministerin Manja Schüle (SPD) sitzt in der ersten Reihe, Jörg Hartmann auch. Lit:Potsdam wirft mit all dem seine Schatten voraus. Auch das Potsdamer Festival zeigt hier, in welcher Liga es spielt.
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