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Kultur: Die Perspektiven verschieben sich

Schauspieler Tobias Rott führt Regie bei der digitalen Telefonkomödie „Mobil“. Morgen ist Premiere

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„Dieses Stück hat etwas von den Filmen Pedro Almodóvars. Menschen machen plötzlich verrückte Dinge, von denen sie vorher nie geahnt hätten, dass sie dazu in der Lage sind.“ Er selbst sei großer Fan des Regisseurs, sagt Tobias Rott. Und somit dürfte Sergi Belbels „Mobil“ bei ihm wohl in besten Händen sein, zumal die Komödie auch von einem Spanier ist.

Tobias Rott, bekannt als viel beschäftigter Schauspieler am Hans Otto Theater, weist sich nun selbst als Regisseur einer größeren Inszenierung aus. „Fingerübungen“ gab es schon im Vorfeld: Er brachte im Walhalla eine Szene von Felicia Zeller auf die Bühne, wirkte beim „David Salz“-Projekt mit und auch als blutjunger Hochschulabsolvent tourte er bereits mit einer kleinen Straßentheatergruppe und eigenen Stücken durchs bayrische Heimatland.

Nun also wagt er sich in seinem dritten HOT-Jahr an eine größere Regiearbeit: an „Mobil“, einer digitalen Telefonkomödie. Von der Handlung möchte der muntere Plauderer allerdings nur ungern etwas preis geben. „Denn irgendwie hat das Stück auch etwas von einem Krimi, man ist ganz lange auf falscher Fährte, weiß nicht, welche Person welche Funktion hat.“ Ganz hinterm Berg kann er dann aber doch nicht halten, und so erzählt Tobias Rott von Sara und ihrer Tochter Rosa, zwei der vier Bühnenfiguren.

Rosa möchte für einige Tage ihre klammernde Mutter, die mehrere Selbstmordversuche hinter sich hat, los werden. Also schenkt sie ihr eine Reise. Auf dem Flugplatz kommt es dann allerdings zu einem Terroranschlag und via Bus wird Sara in ein Hotel verfrachtet. Als die Tochter sie nach Hause holen will, lehnt plötzlich die Mutter ab. Nun möchte sie ihre Ruhe haben. Und Sara merkt auch, dass sie doch noch am Leben hängt. „Die Perspektiven verschieben sich, wenn sich die Vorzeichen ändern.“ Obwohl der Autor sein Stück als Komödie bezeichnet, sieht Rott durchaus auch tragische Züge darin. „Uns begegnen ganz menschliche Menschen, die große Kämpfe kämpfen müssen. Und darüber kann man lachen und auch weinen – wenn man sich darauf einlässt.“ Letztendlich gehe es, wie so oft im Leben, einzig darum, dass jeder geliebt werden wolle. „Wie heißt es in der Bibel: ,Du sollst den anderen lieben, wie dich selbst.’ Doch dazu muss man sich eben auch selbst lieben können. Am Schönsten ist es doch, wenn einer kommt und sagt: ,Ich mag dich, wie du bist’.“ Doch Tobias Rott will nicht mit allzu großen Worten um sich werfen. „Man kann an dem Stück auch einfach nur seinen Spaß haben.“ Zum Teil lasse der Autor die Figuren zu einer recht derben Sprache greifen, „geschuldet dem emotionalen Chaos, in dem sie sich befinden.“

Zur Aufführung gelangt dieses Beziehungsgeflecht, in dem sich das Handy nicht nur als „Teufelszeug“, sondern auch als Kostbarkeit erweist, im Schaufenster der Fachhochschule: dort, wo unlängst auf karger Bühne Veronika beschloss, zu sterben. Obwohl Tobias Rott weiß, dass im Moment die Zuschauer mehr aufs neue Theaterhaus fixiert sind, hält er den Raum für das Stück bestens geeignet. „Es hat nichts gemütliches, ist charmant wie eben Flughäfen oder Hotellobbys sind.“ Die Neugierde dürfte durch eine Videoinstallation der Fachhochschul-Studenten im Schaufenster angeheizt werden. „Dort warten die vier Figuren – natürlich nicht echt lebendig – darauf, dass sie angerufen werden. Ihre Nummern sind am Fenster notiert.“

Tobias Rott ist vor der morgigen Premiere aufgeregter, als wenn er selbst mitspielen würde. „Man kann ja an diesem Abend nichts mehr machen, ist als Regisseur dann abgemeldet. Es bleibt die Hoffnung, dass die Menschen verstehen, was ich erzählen will.“ Und er hat viel zu erzählen. Als Regisseur kann er dem Drang nachgeben, seine Fantasie sichtbar werden zu lassen. „Ich glaube, ich kann ganz gut gucken.“ Zudem schlage das Regieführen sicher auch positiv aufs Schauspielerleben zurück. „Man bekommt einen anderen Blick und versteht vielleicht auch andere Regisseure noch besser.“

Als nächstes wird er in Katharina Thalbachs Inszenierung vom „Raub der Sabinerinnen“ wieder auf der Bühne zu sehen sein. „Jetzt habe ich aber erst einmal drei Wochen keine Proben, nach dem ich seit Ende Juli nur so durchgerauscht bin“ – und dabei vor allem in „Der Sicherheitsabstand“ eine beachtliche Herausforderung mit Erfolg meisterte.

Nach der Premiere sind auch ein paar freie Tage in Sicht. Gern wäre er in sein geliebtes Spanien gereist, vielleicht in die heiße Sinnlichkeit Andalusiens. „Aber ich muss jetzt erst einmal zu Hause klar Schiff machen, vor allem die Balkonpflanzen rein holen. Wenn es nicht schon zu spät ist.“ Vielleicht tröstet ihn die Erinnerung an das Spanische in „Mobil“ über die hiesige Kühle hinweg.

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