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Kultur: „Die Praxis liegt mir mehr“

Carsten Kochan spielt zur Eröffnung des neuen Theaters in Thomas Bernhards Stück „Am Ziel“

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Eineinhalb Tage vor einer Aufführung des Stücks „Eines langen Tages Reise in die Nacht“ von Eugene O“Neill erhielt Carsten Kochan die Anfrage von der Intendanz des Hans Otto Theaters, ob er die Rolle des Jamie Tyrone für den erkrankten Kay Dietrich übernehmen könne. Sie ist eine der vier großen Hauptrollen in dem Schauspiel, das von der Tragödie einer zerbrochenen Familie erzählt – eine unverhohlen autobiografische Schilderung von O“Neills eigener Familie.

Carsten Kochan sagte zu. Schließlich kannte er die von Publikum und Kritik hoch gelobte Inszenierung Uwe Eric Laufenbergs aus dem Effeff. Als Regieassistent war er vom Probenbeginn bis zur Generalprobe in den Produktionsprozess involviert. „Auch den Text habe ich recht gut gekannt. In den eineinhalb Tagen habe ich mich aber auf ihn völlig konzentriert und kurz vor der Vorstellung gab es mit den Kollegen nur eine Verständigungsprobe“, so Carsten Kochan. „Dann hieß es für mich: Augen zu und reinspringen. Aber alle, Angelica Domröse, Roland Kuchenbuch und Johannes Suhm, haben mir sehr geholfen.“ Bei der zweiten Vorstellung sei er viel nervöser gewesen, erzählt der junge Darsteller, denn von nun an musste man beweisen, was in einem steckt. In zwanzig Vorstellungen konnte Carsten Kochan sein Talent dann bestens unter Beweis stellen.

Nach diesem Erfolg hat Intendant Laufenberg ihm für seine zweite Spielzeit einen Vertrag als Schauspieler und Regieassistent angeboten. Carsten Kochan unterschrieb. Und er ist glücklich, dass er zur Eröffnung des neuen Hauses des Hans Otto Theaters am Tiefen See spielen kann, und zwar in Thomas Bernhards 1981 von Claus Peymann am Wiener Burgtheater uraufgeführte Schauspiel „Am Ziel“ (Premiere: 24. September).

In diesem Drei-Personen-Stück, in dem auch Desiree Nick und Jennipher Antoni dabei sind, wird er den Schriftsteller spielen. „Es geht dabei um eine Mutter- Tochter-Beziehung, die in Trümmern liegt. Sie laden den erfolgreichen Schriftsteller eines Stückes in ihr Sommerhaus ein. Für den Autor scheinen die Auseinandersetzungen eine Fundgrube für sein schriftstellerisches Schaffen zu sein. Er ist ein Beobachter, der sehr differenziert reagiert. Doch es werden keine Antworten in dem Stück gegeben. Fast alles bleibt in der Schwebe“, erzählt Carsten Kochan. „Es macht riesigen Spaß, den Text von Thomas Bernhard zu sprechen, denn er schrieb unwahrscheinlich musikalisch.“

Gisbert Jäkel inszeniert „Am Ziel“. „Er ist ein Regisseur, der Raum für feine Zwischentöne und Atmosphäre lässt“, sagt Carsten Kochan. Aber neben den leisen liebt er selbst auch die kraftvollen Inszenierungen. Beiden, so hofft er, wird er am Theater in Zukunft in Vielfalt begegnen können, als Regieassistent, Schauspieler und Regisseur. Für den Harold-Pinter-Einakter „Noch einen Letzten“, der im Walhalla in der vorigen Saison gespielt wurde, konnte er bereits in Potsdam Regie führen.

In einem freien Theater in Essen hat der aus Nordrhein-Westfalen Stammende ebenfalls inszeniert, aber auch viel gespielt. „Zwar habe ich in Bochum Theaterwissenschaften studiert. Doch ich spürte, die Theorie liegt mir nicht besonders, eher die Praxis. Während des Studiums habe ich mehr auf der Bühne gestanden als im Hörsaal gesessen.“

So hat er das zuvor am Mozarteum in Salzburg angefangene Schauspielstudium fleißig mit Leben gefüllt. Nun am Hans Otto Theater.

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