Kultur: Die Preußen kommen
Klaus Büstrin
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Am 22. September diesen Jahres ist es soweit: Am Havelufer in der Schiffbauergasse wird sich der Vorhang im neuen Hans Otto Theater öffnen. In unserer Serie wollen wir an die vergangenen Jahrzehnte des Theaters erinnern, an Künstler auf der Bühne, dahinter und davor, an Schauspiel- und Musiktheaterereignisse, an Episoden aus dem Theaterleben Potsdams.
HEUTE: Stücke über Preußen
Die Preußen kommen. Dabei hatten Anfang der fünfziger Jahre FDJler versucht, Preußen in einem Sarg in der Havel endgültig zu Grabe zu tragen. Doch 30 Jahre später gab der SED-Chef Erich Honecker in einem Interview die Erlaubnis, die Schmähungen gegenüber Friedrich dem Großen aufzugeben. In der DDR konnte danach ein regelrechter Preußen-Boom beginnen. In aller Öffentlichkeit wurde wieder über Preußen geredet. Auch auf der Theaterbühne.
Am Rande des Parkes Sanssouci, wo man die Kunstsammlungen der Hohenzollern in Augenschein nehmen kann, kamen die Zuschauer in Scharen in das Hans Otto Theater. Claus Hammels Komödie „Die Preußen kommen“ wurde eine der erfolgreichsten Inszenierungen. Regie führte Eckhard Becker, als Friedrich II. war Klaus Schönberg zu sehen. Im Februar 1983 fand die Premiere statt. Mehr als 150 Mal wurde das Stück vor ausverkauftem Haus gespielt. Die neue Erbe-Aneignung wurde von Hammel satirisch beleuchtet. Martin Luther, Friedrich der Große waren plötzlich die liebenswürdigen Hauptpersonen auf fast allen DDR-Bühnen.
In Potsdam, wo die Hohenzollern zu Hause waren, war und ist es eine Herausforderung, sich mit der Doppelgesichtigkeit Preußens zu beschäftigen, mit seinem fortschrittlichen und reaktionären Geist. Das Hans Otto Theater bemühte sich stets um einen differenzierte Geschichtsdarstellung. Schauspiel und Musiktheater waren daran beteiligt. Bereits 1966 spielte man die Peter Hacks-Version der Geschichte vom „Müller von Sanssouci“ (Regie: Günter Rüger). Der Spott des Dichters ergoss sich in der Aufführung über den Zweiten Friedrich mit ungehemmter Lust. In der Inszenierung von 2003 (Regie: Ralf-Günter Krolkiewicz) geriet der Hacks-Sarkasmus viel zahmer. Anscheinend wollte man niemanden verletzen.
Das Schauspiel brachte noch einen weiteren Preußenkönig ins Gespräch. Der bekannte Filmregisseur Frank Beyer inszenierte Ulrich Plenzdorfs Adaption von Martin Stades Roman „Der König und sein Narr“. Friedrich Wilhelm I. und der Historiker Gundling sind die Protagonisten des Stücks. Es erzählt ein trauriges Kapitel preußischer Geschichte, nämlich von der Herabwürdigung eines Untertanen durch den Monarchen. Aber der Untertan war jedoch an seinem tragischen Schicksal nicht schuldlos. Natürlich gab es auch Kleists „Prinz Friedrich von Homburg“ in Potsdam zu sehen. Aber so richtig kam man mit dem expressiven Text des Dichters nicht zurecht. Regisseur Alexander Hawemann setzte in seiner exzessiven Inszenierung sehr einseitig auf die Desillusionierung von Brandenburg-Preußen.
Regisseur Peter Brähmig und das Musikktheaterensemble haben 1982 eine viel beachtete Aufführung von Carl Heinrich Grauns Oper „Montezuma“ auf die Bühne des Schlosstheaters im Neuen Palais gebracht. Das Libretto zu des Hofkompositeurs Musik schrieb kein Geringerer als Friedrich der Große selbst. Brähmig ließ in einer Rahmenhandlung den König auf die Bühne kommen, denn Friedrich sah den mexikanischen Herrscher Montezuma als Idealbild an. Und noch einmal beherrschte der König als Opernheld die Bühne. Vier Jahre nach „Montezuma“ wurde im Neuen Palais anlässlich der Ausstellung „Friedrich II. und die Kunst“ die Opernparaphrase „Friedrich – Ein Traumspiel“ nach der Graun-Oper zur Uraufführung gebracht. Brähmig schrieb den Text. Das widerspruchsvolle Leben des Königs wurde darin trocken „diskutiert“, seine philosophische Haltung, die musikalischen Talente und seine Machtpolitik. Auch dieses Stück fand beim Publikum Interesse.
Übrigens soll in der Eröffnungswoche des neuen Theaterhauses in der Schiffbauergasse ein Friedrich-Stück zur Uraufführung kommen: „Katte“, eine „Preußische Tragödie in fünf Akten von Thorsten Becker. Der Autor war Stadtschreiber von Rheinsberg, wo Friedrich die schönsten Jahre seines Lebens genoss.
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