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Kultur: Die preußische Dame Musica

Die Musikfestspiele Sanssouci stehen in diesem Jahr unter dem Motto „frau musica“

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Die Musikfestspiele Sanssouci stehen in diesem Jahr unter dem Motto „frau musica“ Vor den Werken standen die Worte. Feierlich eröffnete Oberbürgermeister Jann Jakobs in der Friedenskirche die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci. Jakobs betonte den gewachsenen Stellenwert der Festspiele, zu denen jährlich rund 15 000 Besucher kommen. Nach dem fünfzigjährigen Jubiläum der Potsdamer Festspiele im letzten Jahr, kann diesmal das fünfzehnjährige Bestehen der daraus entstandenen Musikfestspiele gefeiert werden. Nicht unpassend stehen sie unter dem Motto „frau musica“, denn viele Frauen haben sich in Preußen und Brandenburg um die Musik verdient gemacht. Bereits Königin Sophie Charlotte, Frau des ersten preußischen Königs, widmete sich mit Ernst und Professionalität ihrer Leidenschaft, der Musik. Die an ihrem Hof gepflegte und teilweise entstandene Musik prägt das diesjährige Programm der Musikfestspiele. Auch die vor fünfzehn Jahren neu konzipierten Musikfestspiele Sanssouci standen von Anfang an unter weiblicher Ägide. Wie Klaus Büstrin, der langjährige Vorsitzende des Fördervereins, berichtete, entstand das Konzept unter Führung von Dr. Andrea Palent, die damit Wesentliches zum Potsdamer Musikleben beigetragen hat. Die Festspiele in den Schlössern und Gärten rücken den Wert dieses „Weltkulturerbes“ in aktuelles künstlerisches Licht. Mit Musik und Tanz, Literatur und Oper entstand eine Synthese aus Belehrendem und Unterhaltsamen, Intellektuellem und Sinnlichem, Elitärem und Populärem. Um den finanziellen Unwägbarkeiten zu trotzen, unterstützen Potsdamer Bürger das erfolgreiche Unternehmen im Förderverein, der Frau Palent und ihren Mitarbeitern dafür seinen herzlichen Dank aussprach. Mit dem Ensemble 415 unter der Leitung von Chiara Banchini und der Sopranistin Veronica Cangemi traten hochverdiente Künstler auf. Ihre Beiträge beschworen die höfische Musik aus der Zeit des ersten preußischen Königreichs. Zwei Kompositionen von Georg Friedrich Händel, der zeitweilig in Hannover, dem Familiensitz Sophie Charlottes angestellt war, umrahmten das präzis ausgewählte Programm. Das einleitende Concerto grosso c-moll op. 8, das in Händels Londoner Zeit entstand, stellt ein Paradestück des avancierten spätbarocken Instrumentalstils dar, glanzvoll, subtil strukturiert, kontrastreich und sehr formbewusst. Die frische, lebendige Spielweise des Ensemble 415 ließen die akademischen Tendenzen des Stücks in Vergessenheit geraten. Auf Originalinstrumenten in der tieferen Stimmung von 415 Hertz spielend gelingen den Musikern funkelnde Klänge. Ein klein wenig aufrührerisch klingt die Ouvertüre zu „La Fedre ne Tradimenti“ von Attilio Ariosti, der von 1697 bis 1703 in persönlichen Dienst bei Sophie Charlotte stand, später aber schmachvoll den Hof verlassen musste. Ersatz, wenn auch nur kurzfristig, wurde im Wiener Hofkompositeur Giovanni Bononcini gefunden, der für Sophie Charlotte zwei kleine Opern komponierte. Dazu gehört jedoch nicht die Kantate „Il Lamento di Olimpia“, die von der jungen Sopranistin Veronica Cangemi vortrefflich gesungen wurde. Wie hier mit instrumentalen und vokalen Mitteln die Situation der verlassenen Olympia beschworen wird, verdient alle Aufmerksamkeit. In der Arie „Vasta mar“ weiß Veronica Cangemi dank ihrer sicher geführten, klangvollen, reinen, weichen Stimme bewunderswert die Balance zwischen schlichter Melodie und barocken Koloraturen zu halten. Auch Händels prunkvolle Kantate „Delirio amoroso“ gestaltet sie affektreich, ohne in blitzende Effekte zu fallen. Selbst den hochvirtuosen Partien verleiht sie eine empfindsame Natürlichkeit des Klangs, die in dieser Epoche selten anzutreffen ist. Die Musiker des Ensemble 415 begleiteten kongenial, besonders Violine (David Plantier), Cello (Gaetano Nasilio) und Oboe sowie Altflöte (beides: Xenia Löffler) ragten brilliant heraus. Wie allein die Musik jenseits trockener Worte Gefühle und Fantasien zum Ausdruck bringen kann, zeigte sich einmal mehr in dieser stimmigen Aufführung.

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