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Das Ensemble Gli Incogniti im Palmensaal: Die reinste Wonne mit Couperin

François Couperin war Hofkomponist unter König Ludwig XIV., und auch er selbst wurde schon zu Lebzeiten als „Le Grand“ bezeichnet.

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François Couperin war Hofkomponist unter König Ludwig XIV., und auch er selbst wurde schon zu Lebzeiten als „Le Grand“ bezeichnet. In seinen kammermusikalischen Werken, die am Mittwoch im Palmensaal des Neuen Garten gespielt wurden, wurde jedoch nicht der König auf den Sockel gehoben, sondern seine italienischen Komponistenkollegen Arcangelo Corelli sowie Jean-Baptiste Lully, der am Hof des Sonnenkönigs als Komponist eine uneingeschränkte Machtstellung einnahm. Beide hat Couperin mit musikalischen Apotheosen geehrt.

Das wegen seines unkonventionellen Spiels bekannte Ensemble Gli Incogniti, das unter der Leitung der französischen Geigerin Amandine Beyer musiziert, begibt sich in seinen Konzerten auf musikalische Entdeckungsreisen. Im Potsdamer Konzert, das den Titel „Die Söhne von Lully und Corelli“ trug, trafen sich französischer und italienischer Geist in kongenialer Weise.

Im 18. Jahrhundert debattierte man in Europa die Frage, welcher der beiden damals führenden musikalischen „Nationalstile“ – der französische oder der italienische – der „bessere“ sei. Man war in der Musikwelt um einen Ausgleich der Interessen bemüht. Bei den Italienern spielte Arcangelo Corelli eine große Rolle, der französische Stil wurde durch Jean-Baptiste Lully geprägt. Couperin wünschte sich eine „Vereinigung des französischen und italienischen Geschmacks“. Sie könne in der Musik „zur Vollkommenheit führen“. In den „Apotheosen“ sind delikate, vielschichtige, meist kleine Charaktersätze versammelt wie „Apoll steigt herab und bietet Lully seine Violine und seinen Platz auf dem Parnass an“ oder „Lully spielt das Thema, Corelli begleitet. Dann spielt Corelli das Thema, und Lully begleitet“. Bei deren Niederschrift ist erkennbar, aus welcher Fülle seines schöpferischen Potenzials Couperin heraus agierte.

Musizierlust, ausgefeilte Technik und Interpretationsfinesse trafen an diesem Abend bei Gli Incogniti wunderbar aufeinander. So wurde das Konzert die reinste Wonne. Vollkommen einheitlich und wie aus einem Guss kam das delikate Zusammenspiel des Ensembles mit den Violinistinnen Amadine Beyer und Alba Roca, dem Gambisten Baldomero Barciela, dem Theorbespieler Francesco Romano und dem Cembalisten Eloy Orzaiz daher. Mit der intimen Form des Musizierens waren die Zuhörer im Palmensaal ganz nah an den Interpreten und konnten die Musik intensiv aufnehmen.

Mit großer Farbenfülle wurden nicht nur die Couperin-Piècen musiziert, sondern auch die Recréation de Musique und die Sonate II in e-Moll des Violinisten und Komponisten Jean-Marie Leclair, der „französische Corelli“. Auch Lullys Schüler, Jean-Fery Rebel, verstand das Flair und das Feuer der Italiener mit der Weisheit und Anmut der Franzosen zu verbinden. Gli Incogniti haben Rebels Sonate ebenfalls mit großer Gestaltungskraft musiziert.

Die Farbigkeit der Barockmusik wurde in besonderer Weise lebendig. Edel und fein, teilweise so filigran und duftig wie gesponnen, bleibt das Ensemble auch bei jagendem Tempo bewundernswert geschlossen und schwerelos. Schwebte an diesem Abend der Geist Corellis weitgehend über die Musik, so war jedoch von ihm keine zu hören, von Lully ebenfalls nicht.

Erst nach dem begeisterten Beifall musizierte man als Zugabe Corellis Mini-Stück „Der Schlaf“. Mit dem lieblichen Spiel konnte man wohl nicht besser Gute Nacht sagen. 

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