Im Herbst des Jahres 1907, also vor 100 Jahren, gründeten vier Potsdamer Handwerker ein Quartett, das sich aus zwei Mandolinen, Mandola und Gitarre zusammensetzte. Im Laufe der Zeit bekundeten immer mehr Musikbegeisterte ihr Interesse am Mitwirken. Und so wurde schließlich aus dem Quartett ein „Mandolinen- und Gitarrenorchester“, das bis zu 30 Mitglieder zählte. Diese Instrumente standen damals hoch im Kurs. Es gab Anfang des 20. Jahrhunderts eine ganze Reihe von Ensembles für Mandolinen und Gitarren in Potsdam und Babelsberg.
Ein Foto von 1910 zeigt das Orchester, das dieser Tage sein Jubiläum feiert. Man sieht auf dem vergilbten Bild nur Männer. Im ersten und im zweiten Weltkrieg musste die Musikgruppe so manch herben Verlust von Mitgliedern durch den allzu frühen Tod beklagen. In der Nazidikatatur sah man das Musizieren mit Mandolinen, wie es die Volksmusikvereinigung bevorzugte, ungern. Es wurde sogar als „undeutsch“ eingestuft, weil diese Instrumente einen sanften Klang produzierten. Man befürchtete eine Verweichlichung des deutschen Menschen. Doch die Mitglieder gaben nicht auf. Trafen sie sich vorher in Vereinslokalen, so luden sie sich in der NS–Zeit gegenseitig nach Hause ein, um dort ihrem Hobby nachzugehen.
Die heutige Volksmusikvereinigung steht in der Tradition seiner Gründer. Natürlich sind jetzt viele Musikerinnen dabei, etwa die Hälfte der 15 Mitglieder. Die Gruppe hat das Spektrum seines Instrumentariums erweitert. Blockflöten, Akkordeon, Keyboard, verschiedene Percussioninstrumente erklingen neben den Gitarren.
Seit vierzig Jahren leitet der verdienstvolle Potsdamer Musikpädagoge Rudolf Bräuer das Ensemble. In der Erarbeitung des Repertoires achtet er darauf, dass es ein farbiges ist, dass die Instrumentalstücke von allen Musikern gut bewältigt werden können.
Rudolf Bräuer betätigt sich hin und wieder auch als Komponist. Seine Stücke werden in etlichen Konzerten aufgeführt. Zu den verschiedenen Anlässen wird die Volksmusikvereinigung eingeladen, unter anderen in Seniorenheimen.
Morgen,16.30 Uhr, gibt es in der Aula der Babelsberger Goethe-Schule, Kopernikusstraße 30, das traditionelle Konzert „Fröhlicher Advent“. In diesem Jahr steht es ganz im Zeichen des 100-jährigen Bestehens. Dabei sind auch der Männerchor „Concordia“ Geltow, der Frauenchor Potsdam/Zentrum-Ost sowie Gesangs- und Instrumentalsolisten. Die Gesamtleitung hat Rudolf Bräuer.Klaus Büstrin
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