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Marion Brasch las im KuZe aus ihrem Roman: Die Sendung mit der Maus

Mit fiktiven Geschichten werde Marion Brasch wohl kein Erfolg beschieden sein – so ähnlich soll sich wohl Helmut Böttiger von der Süddeutschen Zeitung über Braschs ersten Roman „Ab jetzt ist Schluss. Roman meiner fabelhaften Familie“ geäußert haben.

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Mit fiktiven Geschichten werde Marion Brasch wohl kein Erfolg beschieden sein – so ähnlich soll sich wohl Helmut Böttiger von der Süddeutschen Zeitung über Braschs ersten Roman „Ab jetzt ist Schluss. Roman meiner fabelhaften Familie“ geäußert haben. Ein bisschen versteht Brasch deshalb wohl ihren zweiten fiktiven Ausflug nach „Wunderlich fährt nach Norden“ als Rache am Rezensenten: „Dir werd ich’s zeigen, du Arschloch“, grinst Brasch am Dienstagabend auf der Bühne im KuZe, dem Studentischen Kulturzentrum Potsdam. „Nein, Böttiger sei ein ganz Netter“, fügt sie noch an.

Nun ja, wenn Böttiger das so gesagt hat, dann hat er zumindest recht. Marion Braschs Roman „Die irrtümlichen Abenteuer des Herrn Godot“ – ein Buch, auf dem nur Roman draufstehe, weil es sich so laut Verlag besser verkaufe – ist ein Sammelsurium an Lach- und Sachgeschichten, die in kurzen Häppchen wohl eher in die „Sendung mit der Maus“ gepasst hätten: Einen roten Faden lässt das Potpourri quietschbunter Kurzschlüsse nämlich nicht erkennen. Und mit Samuel Becketts „Warten auf Godot“ hat Braschs Hauptfigur nur insofern etwas zu tun, als dass auf sie gleichsam gewartet wird. So zumindest die Behauptung.

Godot hat nämlich zunächst eine Krise mit seiner Katze, die er Zigaretten holen schickt, um zu verschwinden. Darauf trifft er auf „Dornfröschen“, vergoldete Gurkenschäler, einen lustigen Reißwolf, Glückspilze und Leberwurststullen, den Autoreifenteufel, einen „Würfelmolch“ namens Axel, nichtrauchende Paradiesvögel und Gabeln stapelnde Gabelstapler. Da sind haufenweise fetzig angerissene Geschichtchen, deren Handlungsstränge jedoch zuverlässig ins Leere laufen – während sie eine Erwartungshaltung erzeugen, die einfach nicht erfüllt wird. Viele Figuren werden einfach eingeführt, obwohl sie außer knuffige Namen zu haben keinerlei Funktionen erfüllen. Solche konzeptlosen Comic-Häppchen mögen in kleinen Mengen appetitanregend sein, bei Brasch nerven sie irgendwann nur noch – und das, obwohl ihre schöne Radiostimme durchaus ein gewisses Wohlgefühl erzeugt. Dieser kindlich-naive Duktus mag jedoch einfach nicht zu der literarischen Stärke passen, mit der Brasch einst ihre Autobiografie schrieb. Das sind bestenfalls Sätze aus Kinderbüchern, die nur augenscheinlich eine lyrische Tiefe besitzen: „Wie soll ich Spaß daran haben, Leuten beim Spazieren zuzuschauen, wenn ich keine Stulle essen kann wie der Mann neben mir?“ Das sind existenzielle Fragen, die eher Graskonsum vermuten lassen.

Vielleicht kann man machen, was man will, wenn man literarisch schon so erfolgreich war – irgendein Verlag findet sich bestimmt, wenn man ein Buch zu veröffentlichen plant. Während Braschs ersten beiden Bücher noch im renommierten S. Fischer Verlag erschienen, wurde der aktuelle Roman im kleinen Dresdner Verlag Voland&Quist publiziert. Dabei muss man sich schon wundern, ob ein derartiges Manuskript nicht nach vier Seiten lesen direkt retour an die Verfasserin geschickt worden wäre, wenn sie nicht Marion Brasch heißen würde. Wer weiß: Vielleicht wäre auch alles anders gewesen, wenn Ko-Moderator und Verlagskollege Ahne, der mit ihr am Tisch saß, so ein Buch geschrieben hätte – von ihm hätte man diesen wild wabernden, absurden Erzählstil erwartet. Bei einer Autorin wie Brasch sucht man den hinter blumigen Bildern scheinbar verborgenen Ernst jedoch vergebens. Schade. Oliver Dietrich

Nächster Literarischer Salon vom Verlag Voland&Quist am Montag, 23. Mai, um 20 Uhr im KuZe, Hermann-Elflein-Str. 10. Zu Gast ist Ahne mit seinem neuen Buch „Ab heute fremd“.

Oliver Dietrich

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