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Von Lore Bardens: Die Söhne großer Väter

Johannes Heisig und Carl Constantin Weber im Kunstkontor von Friederike Sehmsdorf

Stand:

Der Besucher sieht Skulpturen in Haus und Garten, aus Bronze gegossen von Carl Constantin Weber sowie Bilder in Öl von Johannes Heisig. Darunter zwei Porträts des berühmten Porträt-Malers, einige Blumenbilder in Öl. Hingehauchte Amaryllis, ein Geranienstrauß, bei näherer Betrachtung sind es Farbkleckse. Erst in der Entfernung entpuppen sie sich als blühende Gebinde. Während Carl Constantin Weber in seiner Bildhauerei zwischen traditionellen Formen, Tierskulpturen, üppigen Frauenkörpern und einem aus seinem Käfig fliehenden Affen – der ursprünglich den Kopf einer Stele bildete – changiert, bietet Johannes Heisig großformatige Ölbilder. Interessant sind die Stillleben mit den Blumen. Der Blick aus seinem Atelier in Neukölln zeigt eine Hauswand, typischen Berliner Hinterhof mit Gestrüpp und Fenstern, hinter denen Menschen wohnen.

Das Kunstkontor in der Bertinistraße, in der die Arbeiten von Carl Constantin Weber und Johannes Heisig noch bis zum 30. Juni zu sehen sind, ist eine Galerie im Nebengelass eines stolzen Gebäudes, nahe am Wasser. Friederike Sehmsdorf betreibt ihren Kunsthandel auf eine persönliche Art. Die Rasenflächen vor der Remise sind grün, das Flair ist ein wenig italienisch lässig, was sicher auch durch die Skulpturen befördert wird, die den Rasen beleben.

„Der Kunstbesitz ist so ziemlich die einzig anständige und von gutem Geschmack erlaubte Art, Reichtum zu zeigen“, zitiert Friederike Sehmsdorf auf ihrer Homepage Max Friedländer.

Die Kunst, die das Kunstkontor aktuell zeigt, ist keine revolutionäre, sie sprengt keine Grenzen, die nicht schon gesprengt wären. Sie passt also ins Ambiente, wir können uns an ihrem Anblick ergötzen. Wir können sie auch kaufen. Bestimmt sind es Wertanlagen, die der Käufer mit nach Hause nimmt.

Zwei Künstler stellen hier aus, die mehrere Dinge gemeinsam haben: Sie arbeiten traditionell im malerischen und bildhauerischen Genre. Der eine, Johannes Heisig, wurde als Sohn des nicht nur in der DDR berühmten Bernhard Heisig 1953 in Leipzig geboren, und Leipzig beherbergte mit seiner Schule drei der für das untergegangene Land wichtigsten Maler. Wie muss es sein, da als Kind hineingeboren zu werden und über ein ähnliches Talent zu verfügen? Carl Constantin Weber wurde 1966 in Wolfsburg in der BRD geboren, wo sein Vater Jürgen Weber ein anerkannter Bildhauer war. Diese beiden Söhne gemeinsam zu zeigen ist eine gute Idee – vielleicht auch und gerade angesichts der beiden unterschiedlichen Systeme, in denen sie aufwuchsen. Aber die Gegensätze sind keine. Sicher ist nur, dass Johannes Heisig mit seinen Porträts berühmter Staatsmenschen wie Johannes Rau oder Willy Brandt Meriten erzielte, die in seiner Kunst des genauen Hinschauens und des Erfassens der charakteristischen Eigenschaften der gezeigten Person ihren eigenen Wert haben. Davon zeugen auch die beiden Porträts, die in dieser kleinen Werkschau zu sehen sind.

Carl Constantin Weber, der in Potsdam lebt, gießt seine Motive zielgenau in Bronze, ob das Wildschweine oder Elefanten sind oder aber auch das „Strumpfmädchen“, eine hingegossene üppige Schöne.

Die Lehre soll vielleicht sein, dass die beiden ehemals deutschen Staaten in ihrer Kunst keine Konkurrenz kennen. Dass diese Aussage nicht stimmen kann, weiß jeder, der die deutsch-deutsche Kunst-Schau im Berliner Gropius-Bau als ungerecht empfindet und den Kunst-Kontext auf beiden Seiten der ehemaligen Grenze im Visier hat. Dort werden nämlich in „60 Jahre – 60 Werke“ nur Werke aus den alten Bundesländern gezeigt.

Vielleicht ist die Ausstellung in der Bertinistraße versöhnlich, auf jeden Fall ist sie ein Statement der behaglichen Art.

Bis 30. Juni. Bertinistraße 16B, Di/Mi 15-19 Uhr, Do 15-22 Uhr, Sa 13-18 Uhr

Lore Bardens

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