
© Andreas Klaer
Von Dirk Becker: Die Stadtteilsprecherin
Die Kulturmanagerin Alexandra Strulik hat sich dem Holländischen Viertel angenommen
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Angefangen hat es mit einem klassischen Verwähler. Alexandra Strulik arbeitete vor einem Jahr in der Galerie und Kulturscheune „Mutter Fourage“ in Wannsee, als sie einen Anruf von einem Händler bekam, der an einem Markttag im Holländischen Viertel teilnehmen und sich bei ihr dafür anmelden wollte. „Da sind Sie leider falsch verbunden“, hätte Alexandra Strulik sagen, den Hörer auflegen und die ganze Angelegenheit nach wenigen Minuten schon vergessen können. Doch sie kam mit dem Mann ins Gespräch, der vom Holländischen Viertel schwärmte und Alexandra Strulik, obwohl sie schon seit Jahren in Potsdam lebt, noch einmal neugierig machte auf dieses so faszinierende historische Stadtviertel in der Potsdamer Innenstadt. Es war der Anfang einer ganz besonderen Beziehung.
Ein Jahr nach diesem Anruf sitzt Alexandra Strulik im Atelier von Peter Kurgan in der Mittelstraße, sozusagen im Herzen ihres Viertels. Aber auch wenn Alexandra Strulik das so nicht sagen würde, „ihr Viertel“, wer sich mit der 39-Jährigen über diesen Stadtteil unterhält, merkt sehr schnell, dass da mehr aus ihr spricht als nur das Engagement für ein weiteres Projekt.
Als sie nach dem Gespräch mit dem verwählten Anrufer durch das Holländische Viertel spazierte, spürte sie, dass in diese Häuser Kultur gehört. „Eine paradoxe Situation“, wie Alexandra Strulik heute sagt. Denn neben zwei Galerien im Holländischen Viertel, dem Potsdam-Museum, dem Jan-Bouman-Haus gibt es zahlreiche Händler, die in ihrem Angebot Kultur im weitesten Sinne haben. Aber wie Alexandra Strulik das erlebte, war es mehr ein Neben-, denn ein Miteinander. Hier ist mehr möglich, sagte sie sich.
Alexandra Strulik besuchte die einzelnen Händler, Gewerbetreibenden und Künstler und fragte sie, ob sie sich beispielsweise Konzerte in ihrem Viertel vorstellen könnten. „Musik und Kunst sind schließlich Medien, die alle ansprechen“, sagt sie. Auf ihre Nachfrage bekam sie durchweg positive Antworten. Oft aber gleich auch ein paar Bedenken hinterher. Ob sie denn auch schon Kontakt mit den Vermietern aufgenommen habe, wegen der möglichen Lautstärke?
Der eine oder andere würde in einer solchen Situation nur die Augen rollen und das als kleinkarierte Bedenkenträgerei abtun. Doch Alexandra Strulik nimmt auch das ernst und fragt bei den Vermietern nach. Schließlich gehe es ihr um alle, die gemeinsam eine solche Idee tragen und unterstützen sollen.
Im Februar veranstaltete Alexandra Strulik ihr erstes Konzert im Holländischen Viertel. Daraus ist mittlerweile eine kleine Reihe geworden. In den Räumen von Vision BBS Berlin-Brandenburg-Synergien in der Benkertstraße lädt sie nun einmal im Monat zur „Hausmusik“ ein. So waren hier schon die Akkordeonistin Melanie Barth und der Gitarrist Erich Schachtner, der Sopransaxofonist Volker Schlott und der Bassklarinettist Falk Breitkreuz und erst kürzlich ein Konzert der Kantorenschule des Abraham Geiger Kollegs Berlin zu erleben.
Es sind kleine, feine Konzerte, die in einem Raum, der Platz für 50 Gäste hat, angeboten werden. Und es sind Konzerte, die ein Publikum finden. Ende August tritt das Ensemble Napoletano auf, im Anschluss ist ein italienisches Dinner im Restaurant „Massimo 18“ von Maximilian Dreier geplant. Ein weiterer Schritt hin zu den Synergien, wie Alexandra Strulik sie nennt, den Verbindungen und Gemeinsamkeiten, die das Holländische Viertel zu mehr machen sollen als einer der zahlreiche Touristenattraktionen in der Stadt.
Darin sieht die Kulturarbeiterin Alexandra Strulik ihre Aufgabe. Eine Aufgabe, die viel Geduld und Zeit in Anspruch nimmt und sie zahlreiche Wege kostet. Und gelegentlich auch Rückschläge wie erst kürzlich die Berichterstattung darüber, dass das Holländische Viertel nicht barrierefrei und für Behinderte somit eine regelrechte „No-Go-Area“ sei. Sie versteht solche Vorwürfe vor allem als Herausforderung. „Es muss doch möglich sein, jeden Monat einen Tag barrierefrei im Holländischen Viertel anbieten zu können und so auch ein Rollstuhlfahrer ohne Probleme die Geschäfte und Galerien besuchen kann“, so wie Alexandra Strulik das sagt, ist deutlich zu hören, dass dies nur der erste Schritt von vielen sein kann.
Ihr Büro, sagt sie, habe sie in ihrem Rucksack, in dem sie ihren Laptop verstaut hat. So macht sie sich auf den Weg zu ihren Kunden, zu denen Galerien, Agenturen, freie Künstler und Unternehmen gehören. Gemeinsam suchen sie nach Ideen und wie diese formuliert und dann unters Volk, sprich kommuniziert werden. Denn das ist aller guter Kulturarbeit Anfang: Gemeinsam ins Gespräch zu kommen und dann auch andere daran teilhaben zu lassen.
Alexandra Strulik, die nach Jahren als Krankenschwester eine neue Herausforderung gesucht und sie im Kulturmanagement, das sie an der Fachhochschule in Potsdam studierte, gefunden hat, weiß, dass es nicht immer einfach ist, Künstler zu der werbefördernden Gesprächigkeit zu überreden. „Aber diese Eigenarten mögen wir doch auch an Künstlern.“ Und schließlich sei es doch ihre Aufgabe, diese Gesprächsbereitschaft herzustellen, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Sei es nun als eine Art kulturelle Stadtteilsprecherin für das Holländische Viertel oder für eine Kultur-Fahrradtour mit dem Potsdamer Maler Olaf Thiede. Gesprächsbedarf gibt es schließlich genug.
Treffpunkt für die Kultur-Fahrradtour am Samstag, 24. Juli, um 9.15 Uhr auf dem Potsdamer Hauptbahnhof, Gleis 3 für den Regionalexpress nach Brandenburg. Der Beitrag für die von mit dem Maler Olaf Thiede geführte Radtour kostet 8 Euro. Genauere Informationen und Buchung über 0179 45 96 912 oder
info@kulturgeschehen
Dirk Becker
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