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Kultur: Die verlorenen Kinder Der Dokfilm „Halabja“
erzählt über Völkermord
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Kurdistan im Nordirak. Auf einem Friedhof bleibt Ali an einem Grabstein stehen. Der Name – durchgestrichen. Es ist sein Grab. 1988 wurde er hier als Kleinkind vor dem Giftgas gerettet. Aus dem Iran kehrt er nun zwanzig Jahre später an den Geburtsort Halabja zurück. Fünf Familien hoffen, dass er ihr vermisster Sohn sei. Hier an der Grenze zum Iran war einer der Brennpunkte des Irak-Iran-Krieges (1979–1989), und der Giftgasanschlag Saddam Husseins auf kurdische Orte gezielter Völkermord.
Der Dokumentarfilm, „Halabja – Die verlorenen Kinder“ von Akram Hidou, der heute um 18 Uhr im Haus der Natur vorgestellt wird, fragt gerade heute nach der Verantwortung für deutsche Rüstungsexporte. An den irakischen Giftgas-Anlagen und am mörderischen Krieg verdienten deutsche Firmen Milliarden.
Durch das Giftgasbombardement Saddam Husseins 1988 auf Halabja, eine Stadt im eigenen Land, verloren 5000 irakische Kurden ihr Leben, vor allem Frauen und Kinder. Dieser Giftgasangriff auf Halabja war Höhepunkt der „Al-Anfal“-Offensive, einer von Saddam Husseins Baath-Regime betriebenen „ethnischen Säuberung“. Die Überlebenden wurden von Rettungsmannschaften in iranische Krankenhäuser gebracht. Im Chaos und in der Panik der Flucht wurden viele Kinder von ihren Familien getrennt. Bis heute werden bis zu 400 Kinder im Iran vermisst. Ali ist eines dieser verlorenen Kinder.
Nach 21 Jahren kehrt er aus dem Iran in seine Geburtsstadt Halabja im irakischen Teil Kurdistans zurück, um seine Familie zu suchen. Ali begegnet Menschen, die ihm von ihrem ganz persönlichen Schicksal nach dem Giftgasangriff erzählen, das mit seinem eng verwoben ist. Einer von ihnen ist der Grundschullehrer und Künstler Fakhradin, der bei Saddam Husseins Giftgasanschlag fünf seiner sieben Kindern verloren hat. Zwei davon sind bis heute im Iran vermisst. Er widmet sein Leben der Suche nach Halabjas verlorenen Kindern.
„Als uns die Nachricht von Saddam Husseins Giftgasmassaker vom 16. März 1988 an den Menschen von Halabja, im kurdischen Norden des Irak, erreichte, lebte ich als 15-Jähriger im syrischen Teil Kurdistans, nur einige Hundert Kilometer vom Ort der Katastrophe entfernt. Wir Kurden in Syrien, im Iran, im Irak und in der Türkei sind mit der Realität von Verfolgung und Krieg aufgewachsen“, so Regisseur Akran Hidou. Doch dieser Giftgasanschlag habe alle Dimensionen gesprengt: Eine ganze Stadt sollte ausgelöscht werden. „Wir waren fassungslos. Angst machte sich breit: Wird es auch uns treffen? Einige Erwachsene versuchten sogar, die Fenster und Türen der Häuser abzudichten. Angesichts dieses neuen Ausmaßes des Krieges gegen uns Kurden erfüllte mich Entsetzen, als sich im gesamten Nahen und Mittleren Osten ein Teppich des Schweigens über dieses Ereignis legte. Meine Betroffenheit von damals lässt mich bis heute nicht los“, so Hidou. PNN
Filmgespräch mit Filmautor Akram Hidou und Ulla Jelpke, Mitglied des Deutschen Bundestages/Die Linke, am heutigen Dienstag, 13. November, 18 Uhr, Reimar-Gilsenbach-Saal im Haus der Natur, Lindenstraße 34. Eintritt frei
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