Kultur: Die Vorlieben des Königs als Kunstmäzen
„Kunst kaufen – aber wozu?“ – Saskia Hüneke über die Erwerbungen Friedrich II. im Kutschstall
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„Kunst kaufen – aber wozu?“ – Saskia Hüneke über die Erwerbungen Friedrich II. im Kutschstall „Kunst kaufen – aber wozu?" Dieser Frage ging die Kunsthistorikerin Saskia Hüneke bei ihrem Vortrag über die „Erwerbungen Friedrich II. und ihre Bedeutung für die Schlösser und Gärten Potsdams“ im Kutschstall nach. Ausgehend von allgemeinen Betrachtungen über den Kommunikations- und Imagewert, den Kunst in den heutigen Zeiten besitzt, stellte die Referentin ihrem Vortrag als These voran, dass sich in Sachen Kunsterwerb seit Friedrichs Zeiten im Grunde nicht sehr viel geändert habe. Damals wie heute werde Kunst in vielen Fällen nicht nur persönlicher Vorlieben wegen gekauft und gesammelt, sondern auch, weil sich mittels Kunst auf kaum zu übertreffende Weise ein bestimmtes Image, Macht und Ansehen kommunizieren lasse. Saskia Hünekes Auffassung zufolge ist es das Kunstmäzenatentum Friedrich II., das seinen Ruhm am nachhaltigsten gesichert hat. Die Beschäftigung mit der Literatur, der Philosophie und den schönen Künsten hat den Regenten sein ganzes Leben lang begleitet. Was nun die Herausbildung eines Wertekanons, ja des höchst-persönlichen königlichen Geschmackes in Bezug auf die schönen Künste anbelangt, so folgte Friedrich II. zunächst dem damals vorherrschenden Konsens. Demzufolge waren es in erster Linie die Bildhauer und Baumeister der Antike, die in den Augen seiner Zeitgenossen einen nach wie vor verbindlichen Standard setzten. Wie Saskia Hüneke in ihren Ausführungen anhand zahlreicher Beispiele sowohl aus dem Bereich der Innenausstattung der friderzianischen Schlösser als auch der Außenanlagen überzeugend darzulegen vermochte, stieg jedoch neben dem geschmacksbildenden Vorbild der Antike mehr und mehr die durch Zeitgenossen wie Jean-Baptiste Pigalle und François-Gaspard Adam nach Preußen kolportierte Bildhauerkunst Frankreichs in der Gunst des frankophilen Königs auf. Dabei ließ er sich in seiner Rolle als Kunstmäzen nicht zuletzt von ihm nahestehenden Künstlern wie Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff sowie durch andere durch mehrfache Reisen nach Rom und Paris inspirierte Vertraute nachhaltig beraten. Der Ankauf französischer Skulpturen nahm somit am Hof Friedrich II. eine vergleichbare Rangstellung wie der antiker Kunstwerke ein. Was sich nicht zuletzt in den nach Frankreich ausgezahlten hohen Honoraren in den königlichen Ankaufs- und Rechnungsbüchern dokumentiert. Bevor sich König Friedrich zu einem Kauf entschloss, wurde dieser durch eingehendes Studium der Verkaufskataloge vorbereitet. Als Sammler erwies sich der König meist als ein echter Connaisseur, der vor allem sehr genau darüber im Bilde war, welche Botschaft und Bedeutung eine bestimmte Allegorie oder figürliche Komposition – sei es in der Malerei, sei es in der Bildhauerkunst – transportierte. Dabei hing die Auswahl eines bestimmten Kunstwerkes für die eigene Sammlung nicht allein von der Güte seiner künstlerischen Ausführung und Beschaffenheit ab, sondern mindestens ebenso sehr von seiner spezifischen Botschaft, die es auf der inhaltlich-symbolhaften Ebene aussandte. Wobei sich diese durch den spezifischen Ort, an dem eine Figur, eine Figurengruppe oder ein Gemälde präsentiert wurde, in seiner Wirkung und Aussagekraft noch um ein Vielfaches potenzierte. Entscheidend für den Erwerb eines Kunstwerks war demnach einerseits dessen inhaltliche Aussage und damit einhergehend der eigene Bildungs- und Machtanspruch, welche es kommunizierte, wie auch andererseits der räumliche Kontext, in den es hineingestellt und – gemäß der Intention des Kunstmäzens – dadurch eine klare inhaltliche Botschaft erhielt. Wohl kaum etwas wurde in Bezug auf Zusammenstellung und Anordnung von Kunst dem Zufall überlassen, sondern folgte vielmehr einem übergeordneten Gesamtkonzept. Dabei ordnen sich ausgesprochene Vorlieben des Königs, etwa für den Maler Watteau, für Themen (Apoll als Hüter der Künste, die Metamorphosen Ovids und die immer wiederkehrenden Allegorien auf den Tod und die Vergänglichkeit) oder für die Bauform des Rundtempels – interpretierbar sowohl als Tempel der Unsterblichkeit wie auch als Tempel der Musen und Künste – als persönliche Note des großen Kunstmäzens kongruent in das friderizianische Bildprogramm ein. Almut Andreae
Almut Andreae
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