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Kultur: Die Wäscheaufseherin und der König

Sonja Schnitzler edierte den Briefwechsel zwischen Friedrich Wilhelm II. und Wilhelmine Horster

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Potsdam soll zur Zeit König Friedrich Wilhelms II., der Nachfolger Friedrichs des Großen, wie ein Bordell gewesen sein. Der Bildhauer Gottfried Schadow fand wenig Gefallen an den Lebensstil des Königs und seines Hofes. „Alle Familien suchten nur mit dem Könige, mit dem Hof zu tun zu haben. Frauen und Töchter bot man um die Wette an“, schrieb der Künstler. „Die Leute, die das wüste Leben mitgemacht haben, sind alle früh gestorben, zum Teil elendiglich.“ Friedrich II., hatte keine gute Meinung von seinem Neffen, dem Sohn seines Bruders August Wilhelm. „Die Weiber werden nach meinem Tod regieren“, gab der König kund.

In der Tat, Friedrich Wilhelms Mätressen wurden im preußischen Staat mächtig, allen voran die Gräfin Lichtenau. Die weiblichen Angestellten des Hofes zwar weniger, aber auch auf sie warf der „dicke Wilhelm“, wie die Berliner ihn zärtlich-burschikos nannten, ein Auge. Beispielsweise auf die Bett- und WeißzeugAufseherin Wilhelmine Horster, die auch als Silberschließerin tätig war. Zeitweilig wohnte sie im Neuen Garten.

Die Potsdamer Historikerin Sonja Schnitzler hat soeben im Verlag Karl-Robert Schütze Berlin den Briefwechsel zwischen Friedrich Wilhelm und Wilhelmine Horster herausgegeben. Der vielsagende Titel: „Ich küße dir in Gedanken ...“

Schon sehr lange beschäftigt sich Sonja Schnitzler mit dem Nachfolger Friedrichs des Großen und den Damen, die ihn nahestanden. So hat sie bereits 1989 ein Buch über die Spottschriften wider die schöne Gräfin Lichtenau „Die Mätresse Wilhelmine“ geschrieben. Für die Musikfestspiele Potsdam-Sanssouci, die ihr Programm vor elf Jahren Friedrich Wilhelm II. widmeten, war sie wissenschaftlich tätig. Dabei ist auch ein wunderbarer Briefwechsel zwischen dem Hohenzollernspross und seinen Liebhaberinnen entstanden. Unlängst konnte man ihn in der Urania-Reihe „Im Garten vorgelesen“ hören. Die Schauspielerin Rita Feldmeier las dabei auch Briefe der Wilhelmine Horster. Man hörte dabei eine gewisse Naivität der Silberschließerin heraus, auch eine Respektlosigkeit gegenüber dem König. Aus dieser Verbindung wollte sie natürlich auch Kapital schlagen. Aber es konnte nur eine vorübergehende Affäre sein, denn die Hofangestellte und der Monarch wussten, dass ihre Beziehungen nicht von Bestand sein können. Die 18 Briefe des Königs an „Mine“ wie Friedrich Wilhelm seine Geliebte nannte, und die 17, die sie an ihn schrieb, entdeckte Sonja Schnitzler im Geheimen Staatsarchiv – Preußischer Kulturbesitz. Veröffentlicht sind in dem Buch auch Briefe an den Geheimkämmerer Ritz, einem Vertrauten der Horster.

Wenn man andere Brieftexte von Frauen um 1800 und danach liest, wird man hierbei etwas enttäuscht sein. Es werden keine hochgeistigen Gedanken geäußert, sondern von kleinen Alltäglichkeiten und Spaziergängen berichtet. Und dass sie fleißig Klavier übe, beispielsweise das Duett „Bei Männern, welche Liebe fühlen“ aus Mozarts „Zauberflöte“. Wilhelmine Horster war, als sie an den Hof kam, zwischen 15 und 18 Jahre alt.

Sonja Schnitzler beschert ,mit dem Briefwechsel ein lebendiges Stück Geschichte, das sich am preußischen Hof abspielte. Vor allem das kenntnisreiche Nachwort der Historikerin, das viel Recherche in puncto Biografie Wilhelmine Horsters voraussetzte, vermag den König, die Wäscheaufseherin und ihre Zeit, in der sie lebten, in ein helles Licht zu rücken. Klaus Büstrin

„Ich küße dir in Gedanken ...“, Briefwechsel, zwischen Friedrich Wilhelm II. und Wilhelmine Horster, Verlag Karl Robert Schütze Berlin, 15.90 Euro

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