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Kultur: Doppelte Amputation

Staatsorchester-Abbau bringt Verbund ins Rutschen

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Immer mal wieder schwappen sie hoch: die Abbaupläne für die brandenburgischen Orchester. Ist es derzeit nach monatelangem Ringen um das Deutsche Filmorchester Babelsberg etwas ruhiger geworden, macht nun wieder das Staatsorchester ungewollt von sich reden. Der Bürgermeister der Stadt Frankfurt (Oder), Martin Patzelt, will beim Orchester auf Dauer rund eine Million Euro jährlich einsparen. Das berichtete am Dienstag die „MOZ“. „Dazu soll das 86 Planstellen umfassende Staatsorchester auf eine Truppe von rund 20 Musikern schrumpfen“, so die Zeitung. Patzelt verwies dabei auf ein „Heilbronner Modell“. „Die dortigen Musiker bringen exzellente Leistungen und kosten die Stadt weniger Geld", so der OB. Er wolle prüfen lassen, inwieweit die Idee auf Frankfurt übertragbar sei und damit eine auf Kulturmanagement spezialisierte Beraterfirma beauftragen. „Mit einem Ergebnis rechnet er zwar erst im Sommer 2006, den möglicherweise einzusparenden Betrag will er aber schon in das demnächst zu verabschiedende Haushaltssicherungskonzept aufnehmen“, schreibt die Zeitung weiter.

Orchester-Intendant Christoph Cäsar hält eine andere Rechnung dagegen. „Aufgrund des Haustarifvertrages haben unsere Musiker bereits auf 5,2 Prozent Lohn verzichtet. Das ist eine Einsparung von einer viertel Million Euro im Jahr. Vor 2008 kann laut Vertrag ohnehin niemand gekündigt werden,“ sagte er auf PNN-Nachfrage. Zu zahlende Abfindungen einbezogen, würde die Stadt gerade mal 220 000 Euro gegenüber der Aufrechterhaltung eines voll funktionstüchtigen Orchesters sparen, betont Cäsar. Patzelt mache Alleingänge: „Er sieht offensichtlich auch nicht die Verstrickung im Verbund. Dieser kommt durch einen fundamentalen Abbau kräftig ins Rutschen.“ Zudem würde Frankfurt auf ein bloßes Bespieltheater reduziert, das nur von Gastspielen lebt. „Die Kultur der Stadt wäre somit doppelt amputiert, nachdem das Kleisttheater schon zugunsten des Staatsorchesters aufgegeben wurde.“

Die Stadt Frankfurt hat sich im Zuge ihres Haushaltssicherungskonzepts dazu verpflichtet, bei den freiwilligen Leistungen 2,5 Millionen Euro einzusparen. Davon sollen 1,6 Mio im kulturellen Bereich zu Buche schlagen. Dem Staatsorchester sind allein 1,1 Mio Euro Einsparung zugedacht. „Das hieße, unsere Zuschüsse würden von 2,3 auf 1,2 Mio Euro sinken.“ Hinzu käme, dass bei einer Reduzierung der städtischen Zuschüsse zwangsläufig auch die Landesmittel sinken, denn die Förderung verlaufe nach einem Schlüssel von 40 zu 60 Prozent.

Das Kulturministerium ist über die konkreten Sparpläne Frankfurts nicht informiert. „Wir hatten im Sommer mit Herrn Patzelt ein Gespräch und dabei wurden verschiedene Überlegungen angestellt. Wir hatten darum gebeten, diese Vorschläge zu präzisieren, was aber bislang nicht erfolgte“, so Holger Drews, Pressesprecher des Kulturministeriums. Da der Verbundvertrag Ende 2006 ausläuft, müsse bei den anstehenden Neuverhandlungen auch das Thema Orchesterstruktur geklärt sein.

Für das Filmorchester wird das Land im kommenden Jahr 350 000 Euro zahlen. „Wir sind zuversichtlich, dass wir mit weiteren Partnern dieses Orchester finanziell sichern“, so Drews. Heidi Jäger

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