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Regisseurin Constanze Knoche.

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Kultur: Drama Familie

Filmgespräch über „Die Besucher“ im Thalia

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Er wirkt unbeholfen, der Mann Ende 50 mit Bartstoppeln und Regenschirm, der von einer Telefonzelle aus seine Tochter anruft: Etwas hilflos und ein bisschen so, als hätte er irgendwann den Anschluss an die Zeit verloren. Jakob – großartig gespielt von Uwe Kockisch – ist in Constanze Knoches Film „Die Besucher“, der am Dienstagabend als letztes „Aktuelles Filmgespräch“ vor der Sommerpause im Kino „Thalia“ lief, überraschend nach Berlin gekommen, um seine Kinder zu besuchen. Zu erklären, warum Sonni und Arnolt eher panisch und Karla mit Abwehr auf das spontane Auftauchen ihres Vaters, dem Mutter Hannah nachfährt, reagieren, dafür nimmt der Film sich Zeit. Doch spätestens, wenn der erstaunte Jakob von Arnolts Freundin Katharina erfährt, dass ihn seine Kinder „Der Besucher“ nannten und er Karlas Anspielungen darüber, dass Hannah ein Verhältnis hat, nicht zu berühren scheint, werden Risse und Ambivalenzen in einer Familie deutlich, die scheinbar bereits auseinandergedriftet ist.

Was passiert, wenn sich Kinder nicht vom Elternhaus ablösen können, es nicht schaffen, erwachsen zu werden und dadurch Abhängigkeiten, gerade auch finanzieller Art, bestehen bleiben? Regisseurin Constanze Knoche und ihr Drehbuch-Mitautor Leis Bagdach, die beide zu dem von Jeannette Eggert moderierten Gespräch gekommen waren, sind mit ihrem Film auch dem in der „Generation Praktikum“ weit verbreiteten Phänomen nachgegangen, dass Kinder mit Ende 20, Anfang 30 immer noch von ihren Eltern finanziert werden. Ein filmisches Vorbild für den wunderbar ruhig und eindringlich erzählten Streifen war ihnen „Tokio Story“ (1953) von Yasujirÿ Ozu, der, so Constanze Knoche, sie sehr inspiriert hat.

Dass die Drehbucharbeit recht lange dauerte, hing auch mit der Finanzierung, oder besser Unterfinanzierung zusammen. Aber: „Vorher war es anstrengend, doch vom ersten Drehtag an war alles gut“, sagte die Regisseurin, der die Freude, den Film gedreht zu haben, noch immer anzumerken ist. Wer dann auf sein Gehalt verzichtet habe, wollte Jeannette Eggert da wissen. „Wir wollten, dass man von seiner Arbeit leben kann, während man einen Film dreht. Das gilt für alle. Deshalb haben wir ungefähr alle das Gleiche bekommen, vom Beleuchter bis zum Schauspieler“, für diese Antwort erntete Constanze Knoche spontanen Beifall des Publikums.

Uwe Kockisch, so berichtete Leis Bagdach, habe seine ganze Gage gleich wieder ausgegeben, um das von dem Maler Steven Black gemalte Bild – im Film von seinem Sohn Arnolt gemalt – zu kaufen, was dieser sonst im Anschluss zerstört hätte. Er rundete mit dieser Anekdote das Bild eines engagierten und glücklichen Arbeitsprozesses ebenso ab wie Constanze Knoche mit ihrer Anerkennung für die Produzentin, die nur drei Wochen nach dem Drehen ihr Kind zur Welt gebracht hatte. Gabriele Zellmann

Gabriele Zellmann

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