
© Stefan Gloede
Kultur: Drei Engel für Winnetou
Ewige Suche nach dem Liebesglück: „Knocking on angels door“ auf dem Theaterschiff
Stand:
Er hatte ihr das Portemonnaie aufgehoben, sie lächelte ihn an – und weg war sie. „So isses immer“, jammert der Mann jetzt seinen Freunden vor. „Lächeln können sie und dann sind sie weg.“ Um drei Männer auf Frauensuche und drei womöglich zu ihnen passende Engel, um diese verflixte Sehnsucht nach Liebe und Partnerschaft geht es im neuen Stück des Theaterschiffensembles „Knocking on angels door“, das am morgigen Freitag uraufgeführt wird – die letzte Premiere am alten Standort vor dem geplanten Umzug des Schiffes.
„Das sieht man dir an, wenn du auf der Suche bist, da guckt dir ein Schwanz aus dem Gesicht“ – solche und ähnliche Sprüche fallen unter den drei Freuden, die regelmäßig zusammen abhängen. Gelangweilt, frustriert. Zwangsverbündete durch ihr gemeinsames Problem: Sie sehnen sich nach echter Liebe, nach einer Partnerin.
Geschrieben hat das Stück Martina König, die auch Regie führt. „Es geht dabei um die Ansprüche von Männern und Frauen an eine Partnerschaft. Und was passiert, wenn diese Menschen mit ihren Vorstellungen und Wünschen plötzlich aufeinandertreffen“, so Martina König. Dabei stelle sich im Laufe des Stückes mehr und mehr die Frage: Was macht die Erfüllung der Sehnsüchte überhaupt so schwer, welche Rolle spielen Ängste, Erwartungen und Rollenbilder?
Martina König hat das Stück nicht allein geschrieben, sondern mit den Schauspielern Sabrina Kaiser, Irene Ossa-Moyzes, Barbara Schaffernicht, Mathias Iffert, Mario Neubert und Bob Schäfer gemeinsam entwickelt. Lange wurde improvisiert, viele persönliche Erfahrungen flossen in die Texte ein. Das Ergebnis sind Szenen und Dialoge, die – hier ist die abgedroschene Floskel erlaubt – aus dem Leben gegriffen sind. Die Männer werden zu pubertierenden Teenagern und Rivalen im Revier – dabei hängen sie aneinander.
Es fängt recht harmlos an, das Stück, und als regelmäßiger Theaterschiffbesucher hofft man anfangs noch auf eine Komödie. Sie sind ja auch witzig, der Dicke, der Kurze, der Lange. Wie sie grübeln, woran es nur liegen könnte, dass sie keine Frauen aufreißen: „Mach ich was falsch? Hab ich Krätze im Gesicht?“ Der eine trauert seiner Zufallsbegegnung an der Supermarktkasse hinterher, der andere strotzt vor Aktionismus und würde zumindest gern mal eine Weiberbude erforschen, so mit einer richtig kuscheligen Couch.
„Da sind doch schon die Kaffeetassen zu klein“, sagt zynisch der Dritte, der mit seiner vom Opa geerbten Briefmarkensammlung eine bequeme Beziehung eingegangen ist. Lustig ist es dann doch nicht so richtig, wie sie sich verrennen in ihrer Gefühlswelt zwischen Wut, Angebertum und Selbstmitleid. Sich fragen, ob es wirkliche Liebe womöglich doch nur unter Männern gibt. So wie im wilden Westen. Und greifen hin und wieder zur Gitarre, aus den lahmen Kerlen werden staubige Cowboys, die beim Lauftraining die Hüften vorschieben und den Bauch einziehen. Am Ende wollen alle doch lieber Winnetou sein, der ganz gut ohne Frau auskam – Karl May war ein kluger Mann, sagt einer der drei, sonst wäre Winnetou wohl noch zum braven Ackerbauern mit drei Kindern geworden.
Drei Männer, drei Sehnsüchte, drei verschiedene Herangehensweisen. Regisseurin Martina König hat ihnen im Himmel drei vielleicht passende Frauen bereitgestellt. Diese Himmelswesen, die Engelsfrauen, könnten wieder auf die Erde zurückkehren – aber sie haben ihre ganz eigenen Erfahrungen mit Männerbeziehungen gemacht. Weil jedoch auch im Himmel Langeweile herrscht, ist die Entdeckung, dass auf der Erde ein paar Kerle nach ihnen suchen, eine willkommene Abwechslung. Doch auch unter den Engeln gibt es unterschiedliche Ansichten: Die erfahrene Engelsfrau warnt vor dem Ausflugs-Experiment: „Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen“, sagt sie, und geht damit immerhin d’accord mit den Erd-Männern. Und man ahnt: Die Frau spricht aus Erfahrung, Verletzungen, die sie nicht vergessen kann. „Da werfen die Kerle die Angelhaken aus und ihr fallt darauf rein“, warnt sie die beiden anderen Himmelsbewohnerinnen. „Ich weiß schon, was dann passiert, mit Männern kenn ich mich aus.“
Im Dreieck, auf Distanz voneinander, sitzen die Frauen fast regungslos im dunklen Schiffsbug, jeweils an den Wänden, ihre Oberkörper spärlich beleuchtet, die Gesichter spiegeln sich auf den Wandflächen wider, ein Effekt, als schauten sie aus einem Fenster. Sie sehen sich nicht an, suchen aber gegenseitige Bestätigung, allein will keine auf die Erde. Eine schminkt sich schon für den Erdenbesuch, die andere befürchtet Schlimmstes: „Sobald du liebst, bist du wehrlos.“ Die Begegnung der drei Männer und Frauen werde für alle zu einer großen Herausforderung, sagt König, und verlaufe ganz anders, als man es erwartet. Mehr will sie nicht verraten zum Stückausgang. Es gab die Variante, die Männer am Ende in den Himmel zu schicken, aber auch dazu werde es nicht kommen, so die Regisseurin über derartige Spekulationen.
„Knocking on angels door“, das letzte Stück am Standort Alte Fahrt, wird im November viermal aufgeführt. Das Theaterschiff soll dann wegen der beginnenden Bauarbeiten am Palast Barberini spätestens zum Jahreswechsel in die Schiffbauergasse umziehen. „Der genaue Umzugstermin steht aber noch nicht fest“, sagte Vereinsvorsitzender Mathias Iffert.
Premiere am morgigen Freitag um 20 Uhr auf dem Theaterschiff an der Alten Fahrt. Der Eintritt kostet 18 Euro
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