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Kultur: Drummer der leisen Töne

Manu Katché „Tendances“ spielen heute im HOT

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Gute Musiker sind immer auch Maler, sagt Manu Katché. Der eigentliche Spaß an der Musik, das seien die Farbschattierungen beim Spielen: das Orange in den Tönen, das Lila, das Grün. Von Violinisten und Pianisten hat man das vielleicht schon gehört, Manu Katché aber ist Schlagzeuger. Einen Sinn für Melodie müsse man jedoch auch in dem, was Laien vielleicht als „puren Rythmus“ bezeichnen würden, finden. Ob er selber denn Maler sei? „Ich versuche es“, sagt er. Bescheiden.

Obwohl er von sich selbst erzählt, er sei vom Klavier zum Schlagzeug gewechselt, weil man ihn da „besser hören“ kann, ist Manu Katché kein Mann der lauten Töne. Der Jazz-Saxophonist und langjährige Kollege Jan Garbarek hat Katchés Stil einmal so beschrieben: Anstatt sich ständig solistisch profilieren zu wollen, trete Katché lieber manchmal zurück und erhalte so die von ihm kreierte Atmosphäre aufrecht. Von sich selbst sagt Katché: „Das ist gewissermaßen die Essenz von dem, was ich bin: ein Diener der Musik“. Eine geradezu altmodische, fast obsolete Einstellung in einer Jazz-Welt, die vor Selbstdarstellern nur so wimmelt. Und dennoch ein Markenzeichen, das ihn zu einem der gefragtesten Schlagzeuger weltweit gemacht hat.

Angefangen hat es mit zwei einfachen Holzstöcken, die Katché von seinem Großvater geschenkt bekam. Damals war er 14 und hatte sich bereits am Klavier probiert. Er spielt es noch heute, nicht auf der Bühne, sondern zum Komponieren. Um die Harmonien und vor allem die richtige „Stimmlage“ für seine Stücke zu finden, wie er sagt. Die verführerische Energie des Schlagzeugs, die Kraft des Rythmus, die beim Spielen nicht nur die Hände, sondern den ganzen Körper beansprucht, lösten das Klavier als Hauptinstrument schnell ab. 1985 dann der Durchbruch mit Peter Gabriel, es folgen Arbeiten mit Sting, Joni Mitchell, Simple Minds, Tracy Chapman, Tori Amos und unzähligen anderen. Sein erstes Soloalbum „It“s about Time“ (1992) wird freundlich aufgenommen, sein Zweites, „Neighbourhood“ (2005) ist ein großer Erfolg und erhält den „Preis der Deutschen Schallplattenkritik“ als „Jazz-Album des Jahres“.

Als Jazzmusiker sieht sich Manu Katché trotzdem nur bedingt. „Ich bin Jazzer, aber die Musik, die ich mache ist kein Jazz.“

Das Freie, Individuelle des Jazz, der Wunsch, kreativ und anders zu sein ist essentiell in Manu Katchés Schaffen. Insgesamt aber kommt es ihm darauf an, einfache, für jeden „lesbare“ Musik zu machen, die keine großen intellektuellen Hintergründe verlangt, um verstanden zu werden. Auch die Struktur seiner Musik sei lockerer als die beim Jazz. Als seine wichtigsten Einflüsse nennt Manu Katché nicht etwa Schlagzeuger der Jazzgeschichte, sondern vor allem Gesangsinterpreten, vorneweg Donny Hathaway und Stevie Wonder. Das Wichtigste sei, niemals auszulernen, sondern ständig Neues aufzunehmen, und sich vor allem nicht vor der Stilvermischung zu scheuen.

Sein aktuelles Projekt steht ganz im Zeichen des kreativen Mischmaschs: Am 13. April zeigt Arte eine von ihm inszenierte Jam-Session mit Professionellen und Laien, unter anderem mit Brian Ferry und Air. Ende September dann erscheint sein drittes Album, „Playground“. Vorerst aber kommen die Klangbilder des „vergessenen Helden des Schlagzeugs“ und seiner Band „Tendances“ nach Potsdam. Das erste Mal seit 1981. Heute um 20 Uhr spielen sie im Glasfoyer des Hans-Otto-Theaters. Lena Schneider

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