zum Hauptinhalt

Kultur: Ehrenbezeugung

Foyer-Ausstellung des Filmmuseums mit Kostüm-Bildern von Joachim Dittrich zu dessen 80. Geburtstag

Stand:

Im ersten Leben war er Kaspar. Inzwischen steht er hoch dekoriert als Offizier seinen Mann. Die große Verwandlung verdankt die kleine Holzfigur dem Kostümbildner Joachim Dittrich. Mit seinen fast 80 Jahren werkelt er voller Leidenschaft und Akribie an militärischen Accessoires: dabei das reale Vorbild detailgetreu in Miniatur übertragend. Was fasziniert Joachim Dittrich an das uniforme Dasein, zumal er selbst 1944 in Wehrmachtskluft in den Krieg ziehen musste? „Ich habe mich schon als Kind mit diesen Dingen befasst und später Uniformschneider gelernt“, so die knappe Antwort des Spezialisten, dem ab morgen eine Ausstellung im Foyer des Filmmuseums gewidmet ist.

Die schlägt allerdings einen größeren Bogen, zeigt Dittrich auch als „Zivilisten“, der große Roben für Filme wie „Goya“ schuf. Schließlich hat er das Handwerk des Herren-, Damen- und Reithosenschneiderns ebenfalls von der Pike auf gelernt. Als er 1949 zur DEFA kam, begann seine Laufbahn zunächst an der Nähmaschine. Dann wurde er Garderobier und kümmerte sich schließlich als Gewandmeister um das perfekt sitzende Kostüm der Schauspieler beim Dreh: die szenische Figur dabei genau im Auge. 1956 hatte er das Glück, für einen erkrankten Kollegen als Assistent des Kostümbildners einspringen zu können. Er machte seine Sache offensichtlich gut, jedenfalls avancierte er alsbald selbst zum Kostümbildner und stattete bis zu seinem Ruhestand 1990 über 50 Fernseh- und Kinofilme aus – sein Wissen um die Uniform immer wieder künstlerisch einbringend.

Es ist das erste Mal, dass das Filmmuseum in einer Ausstellung ausschließlich das Kostümbild in den Mittelpunkt rückt. „Unser Fundus über diesen Bereich ist nicht allzu groß. Wir betreuen Arbeiten von etwa zwölf Kostümbildnern“, so Archivarin Ines Belger. Schon 1992 übergab Dittrich einen Teil seiner Entwurfszeichnungen dem Filmmuseum zur Aufbewahrung. „Leider können sie nur ohne die dazu gehörigen Kostüme gezeigt werden. Diese waren im Fundus der Filmstudios nicht mehr aufzutreiben.“ Umso mehr freut sich Ines Belger, dass sie ihre kleine Schau mit den reich dekorierten Miniaturhelmen und den dazugehörigen Hutschachteln des Hobby-„Bastlers“ aufpeppen kann. Auch ein Ledergürtel mit verzierter Schnalle, den Annekathrin Bürger als Eileen in „Tecumseh“ trug, ist dabei. Zudem ein Cowboy-Hut von Dean Read, der allerdings nicht aus Dittrichs Werkstatt stammt. „Er hat ihn mir für den Film ,Der lange Ritt zur Schule“ zur Verfügung gestellt.“ Da er aber zu niedrig war und nicht das gewünschte „Dallas“-Maß aufwies, kam er nicht zu Leinwand-Ehren.

An der beim Aufbau noch etwas unruhig wirkenden Ausstellungswand des Museums wird der Dialog des Kostümbildners mit den Drehbuchtexten nachempfunden. Schließlich gibt es für die Kleidung der Figuren keinerlei Vorgaben, sind allein Fantasie und Wissen des Kostümbildners optischer Wegweiser. Nun hängen also neben zahlreichen Zitaten die daraus entwickelten Figurinen: wie auf einem großen Schachbrett angeordnet. Neben Kants „Der Aufenthalt“ schaut man auf „Jacob der Lügner“, neben „Goya“ auf die Indianer aus „Tecumseh“.

Dittrichs Vorliebe für Uniformen traf in „Tecumseh auf die Gestalt des legendären Shawnee-Häuptlings (gespielt von Gojko Mitic), der versuchte, für den Kampf gegen die weißen Amerikaner eine indianische Allianz zu bilden. Ob er allerdings wirklich je die Uniform eines englischen Brigadeoffiziers trug, wie im DEFA-Film zu sehen, bezweifeln die Mitarbeiter des Filmmuseums in ihrem Programmheft. „Meine Unterlagen und auch ein Gemälde, worauf der Häuptling die Uniform trägt, besagten, dass es so war. Aber wer weiß es schon genau: Schließlich schrieb man das Jahr 1813“, hält Dittrich dagegen. Jedenfalls pflegt er weiter beflissen seine Liebe zum militärischen Detail: Und sei es für das kleinste Abzeichen auf einem Soldatenhelm, das er in Zinn dem Original behutsam nachgießt.

Die Ausstellung wird morgen 19.30 Uhr eröffnet. Um 20 Uhr läuft „Tecumseh“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })