Kultur: Ein Ausdruck der Spiritualität
Der israelische Sänger Colin Schachat wirkt im Eröffnungskonzert der „Vocalise“ mit
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Der israelische Sänger Colin Schachat wirkt im Eröffnungskonzert der „Vocalise“ mit Vocalise – das Potsdamer Musikfest im Spätherbst gehört zu den Höhepunkten des Kulturlebens der Stadt. Und in diesem Jahr zum vierten Mal. Der Künstlerische Leiter der Vocalwoche und Dirigent, Ud Joffe, wendet sich in der Konzertfolge 2004 dem geistigen Austausch zwischen jüdischer und europäischer Kultur zu. Unterschiedliche Stile und Gattungen wollen mit dem Reichtum jüdischer Musik bekannt machen. Im Eröffnungskonzert am kommenden Sonntag in der Erlöserkirche wird der aus Israel stammende Ud Joffe neben Leonard Bernsteins „Chichester Psalms“ ein Werk von Ernest Bloch dirigieren: „Avodath Hakodesh“ (Jüdische Gottesdienstliturgie). Als Solist konnte der israelische Bariton Colin Schachat, der aus Südafrika stammt, gewonnen werden. Mit dem Sänger kamen wir ins Gespräch. Herr Schachat, Sie sind extra für die Aufführung des Bloch-Werkes nach Potsdam gekommen? Ja, sehr gern. In Deutschland habe ich damit meine künstlerische Premiere. Empfanden Sie bislang eine Abneigung gegenüber Deutschland? Sie meinen wegen der Geschichte? Was die Nazis dem jüdischen Volk angetan haben, darf man niemals vergessen. Aber ich plädiere für die Versöhnung mit dem deutschen Volk. Und auch deswegen komme ich hierher. Sie sind als Sänger viel unterwegs ... ... vorgestern habe ich noch in Tel Aviv mit dem Israel Sinfonieorchester Opernarien von Donizetti und Verdi gesungen. Ich liebe die Vielfalt als Sänger. Meine Konzertreisen führten mich in die USA, nach Kanada, Südafrika, Australien oder nach Lettland. Neben der klassischen und jüdischen Musik mag ich aber auch das Musical. Sie haben in einem anderen Beruf ebenfalls eine Karriere gemacht. Ich studierte zunächst Jura, war dann Rechtsanwalt und habe heute in Raannana eine Beratungsfirma in finanziellen Fragen. Doch die Musik füllt mich besonders aus, auch der Kantorendienst in meiner Jüdischen Gemeinde. Ist Ihnen das Werk, das Sie am Sonntag in Potsdam singen, „ Avodath Hakodesh“ von Ernest Bloch, vertraut? Sogar sehr. Ich habe es mehrere Mal singen dürfen. Bloch hat eine wunderbare Musik geschrieben - hochromantisch. Bloch wurde 1880 in der Schweiz geboren. Er ging 1916 in die USA, von 1930 bis 1938 kam er noch einmal nach Europa zurück. Dann kehrte er aber endgültig wegen der antisemitischen Ausschreitungen durch die Nationalsozialisten in die USA zurück. Er gilt als Begründer der neujüdischen Musik in Amerika. Seine Hauptinspirationsquelle bezog Ernest Bloch aus dem Alten Testament. Ist „Avodath Hakodesh“ eine Art jüdische Gottesdienstliturgie? Ich würde das Werk vor allem geistig so sehen, aber nicht unbedingt musikalisch. Man findet in seiner Musik zwar Elemente jüdischer Kompositionen, aber „Avodath Hakodesh“ hat für mich kaum etwas von einer traditionellen jüdischen Liturgie. Das Werk ist aber ein persönlicher Ausdruck der Spiritualität Blochs. Als er älter wurde, hat er nach seinen religiösen Wurzeln geforscht. Das Gespräch führte Klaus Büstrin
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