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Kultur: Ein „eigenartig netter Genuss“

Bettina B. Altendorfs Buch über die russischen Sänger und Alexandrowka

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Bettina B. Altendorfs Buch über die russischen Sänger und Alexandrowka Die Berliner Historikerin Bettina B. Altendorf hat im Hendrik Bäßler Verlag Berlin der wahrlich nicht wenigen Veröffentlichungen über die Russische Kolonie Alexandrowka eine neue hinzugefügt – als Buch. Und eine farbig-spannende obendrein. Bettina B. Altendorf studierte die Quellen und die Literatur über die Kolonie aus alter und neuer Zeit sehr genau, so dass der Leser sehr fundierte Kenntnisse über Alexandrowka, seine Geschichte, Architektur und über die Menschen, die einst dort wohnten, erfahren können. Die Autorin stellt die einzelnen russischen Sänger vor, die 1812 von König Friedrich Wilhelm III. zu einem Chor zu zusammen geschlossen wurden. Er wurde dem 1. Garde-Regiment zu Fuß zugeordnet. Die Russen kamen aus der preußischen Gefangenschaft. Friedrich Wilhelm III. verbündete sich notgedrungen kurzfristig mit Napoleon gegen den Zaren Alexander I. Über das Repertoire und den Klang des Sängerchores gibt es nur wenige Hinweise. So wurde im Zweiten Weltkrieg das Preußische Militärarchiv ein Opfer des Feuers. Die Autorin fand dennoch Hinweise in der Literatur. So in den Tagebuchaufzeichnungen aus dem Jahre 1814 von Henriette Hugenuenel, die von einem „eigenartig netten Genuss“ einer russischen Militärkapelle schreibt. Karoline von Maltzahn berichtet, dass zu ihrer Zeit am preußischen Königshof „russische Sänger aus St. Petersburg, wenn sie keine Kirchenmusik zu besorgen hatten, eine grausame Tafelmusik ausführten, zu deren Würdigung ein eigenes, nationales Ohr gehörte“. Bischof Eylert, der an der Garnisonkirche wirkte, bemerkte, dass der Chor an der Tafel des Königs russische Nationallieder sang. „Aber diese übrigens gutmüthigen, doch im Ganzen ungebildeten Menschen sangen, ehrlich gesagt, ,erbärmlich schön“, und es fehlte dem quiekenden, stoßenden und schreienden Getöse alle Melodien“. 1830 soll der russische Chor letztmalig vor dem König gesungen haben. Bettina B. Altendorf hat genaue biografische Angaben über die ersten Sänger-Kolonisten geordert, über Anisimoff, Sergeeff, Wolgin, Alexieff, Wawiloff, Grigorieff, Gawrilinka, Jablokoff, Uschakoff, Thimafeiff, Vockin und Schischkoff. Über deren Wohnqualität und Leben in der Alexandrowka erfährt man so manches Detail, über Sorgen, die oftmals durch familiäre Unzulänglichkeiten und Generationsprobleme hervor gerufen wurden. Entstanden ist die Russische Kolonie Alexandrowka als ein „Denkmal der Freundschaft“. Friedrich Wilhelm III. beschloss, dem russischen Zaren Alexander I., der 1825 starb, in Potsdam ein Denkmal zu setzen, eben ein „russisches Dorf“. Peter Joseph Lenné war für die Landschaftskonzeption verantwortlich. Für den Bau der Häuser nahm man Anregungen des Italieners Carlo di Giovanni Rossi, der am Zarenhof im „nationalrussischen Stil“ baute, auf. Der König hatte bei einem Besuch in Pawlowsk Rossis Architektur kennen gelernt. Bettina B. Altendorf gibt mit ihren Text und den zahlreichen Bildern spannende Auskünfte über dieses besondere Denkmal, zu dem eine Kirche auf dem Kapellenberg gehört.Klaus Büstrin Bettina B Altendorf, Die russischen Sänger des Königs und die Kolonie Alexandrowka in Potsdam, Hendrik Bässler Verlag Berlin, 9,80 Euro.

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