
© Andreas Klaer
Kultur: Ein Feuerwerk der Ironie und des Zynismus Josef Hader mit Wiener Schmäh in der Arena
Dieser ewige Konjunktiv, dieses „Ich würde sagen ..
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Dieser ewige Konjunktiv, dieses „Ich würde sagen ...“ Das „geht ihm am Wecker“, schimpft Kabarettist und Schauspieler Josef Hader, mit Sonnenbrille und psychedelisch gemustertem Hemd, in originalem Wiener Schmäh mit seinem Techniker Gerhard. Der ist irgendwann so angefressen von seinem Chef, dass er ihn einfach im Dunkeln auf der Bühne der beinahe ausverkauften Waschhaus Arena sitzen lässt. Nur mit Bitten und Entschuldigungen ist der wortkarge Mann hinter den Reglern umzustimmen, lässt wieder Licht werden und Teil zwei des neuen Programms „Hader spielt Hader“ kann beginnen.
Was hatte es bis dahin gegeben? Auf keinen Fall Heiter-Besinnliches für das ältere Publikum, statt dessen ein humanistischer Themenabend für den oberen Mittelstand und die Berufsjugend, die Zanderfilet auf Ruccolabett bestellt, nur einen kleinen Geländewagen kauft und auch sonst möglichst biodynamisch lebt. Darum auch der angemessene Ausstieg mit Augenmaß, als es um Behinderte in einem Indianerdorf geht, die sich vorher mit Old Shatterhand duelliert hatten, der in weiser Vorraussicht und mit humanitärem Hintergedanken nicht auf den Kopf, sondern auf das Knie der Gegner gezielt hatte.
Josef Hader ist da weniger zimperlich. Er richtet seine Pointen genau dahin, wo es weh tut, wo wortwörtlich das Licht ausgeht und lästert über die österreichische Partei FPÖ, den deutschen Papst und die Komplexe des ostdeutschen Old Shatterhand.
Mit Josef Hader, mal lässig auf der Kante eines Holztisches sitzend, mal cool wie Eis hinter seinem Piano, fährt das Donnerstagabendpublikum direkt zu Luzi in die Hölle, spielt mit ihm Steinscheißerkarl (wer zuerst „Wer“ fragt, hat verloren), trifft Himmler, Hitler und Reinold Meßner, fährt mit Letztgenanntem im Höllenaufzug direkt ins Kellergeschoss – „Da war i noch net“, dann in die australische Wüste – "Da war i noch net".
Als Meßner am Horizont eine Autobahn sieht, hadert er, weil er doch nicht der Erste vor Ort ist, stellt sich in den Handstand, auf eine Hand, singt „La Paloma“ und popelt in der Nase.
Auf Anraten Haders popelt er sich bis in sein Hirn, denn da war er noch nicht und verschwindet schließlich erfolgreich und komplett darin. Josef Hader dagegen entdeckt am Horizont einen Bus, der immer näher kommt und schließlich vor ihm hält. In seinem Inneren: Eine Ladung Lemminge auf dem Weg zum Meer. Die Tiere, die sich dort reihenweise in die Fluten stürzen, reißen ihn mit, er versucht, schwimmend wieder an Land zu gelangen und als die Not am größten ist, sieht er einen übers Wasser laufen. „Jesus“ ruft er, „rette mich, ich bin ja soho gläubig“. Schäbiges Lachen. Hader in Bestform, denn, so liest man in der Presse, mit der Religion hat er es nicht so. Die bekommt an diesem Abend so richtig ihr Fett weg. Der Papst, spielt der nicht mit beim „König der Löwen“? Als Hyäne? Und in „Star Wars“, da ist er auch dabei, nur ein wenig besser geschminkt.
Der Abend, der laut Ankündigung ein ganz neues Konzept fährt und ein Zusammenschnitt aus den vorangegangenen fünf Programmen des Künstlers plus musikalischen Einlagen ist, wird zum Feuerwerk des Zynismus und der Ironie. Josef Hader, der als Kommissar Brenner auch als Schauspieler Karriere macht und in seiner Rolle gerade von dessen Wortkargheit lebt, sprudelt als Kabarettist an diesem Donnerstagabend förmlich über, spult sich hoch, explodiert und hält dieses Level bis zum Ende, das der Weisheit letzter Schluss wird: „Beim Duschen in der Badewanne Vorhang lieber innen.“
Andrea Schneider
Andrea Schneider
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