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Kultur: Ein Klang-Dom

Nikolaikirchenkantor Björn O. Wiede konzipierte ein musikalisches Osterfest. Der Höhepunkt ist die Bruckner-Sinfonie am Ostermontag

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Am Abend des Ostermontags platziert sich auf der Orgelempore der St. Nikolaikirche die Neue Hofkapelle Potsdam, um unter der Leitung von Nikolaikantor Björn O. Wiede die 5. Sinfonie in B-Dur von Anton Bruckner zu musizieren. Das Publikum ist eingeladen, vor allem auf den beiden Seitenemporen das Konzerterlebnis zu verfolgen. „Da die Orgelkammer auf der Orgelempore freigelegt wurde, lässt sich an diesem Ort solch ein Projekt mit der groß besetzten Bruckner-Sinfonie verwirklichen“, erzählt Björn O. Wiede.

Ab September 2016 haben dann erst einmal die Orgelbauer dort das Sagen. Die renommierte Firma Kreyenbrick aus Osnabrück wird die Universalorgel mit ihren 55 Registern auf drei Manualen und Pedal einbauen. „Zur Zeit sind sie dafür bereits in der Werkstatt tätig“, berichtet Björn O. Wiede. Der Nikolaikantor ist sich sicher, dass Ostern 2017 die ersten Klänge der Orgel in Gottesdienst und Konzert erklingen. Dann wird der lang gehegte Wunsch Wirklichkeit, dass St. Nikolai endlich eine anspruchsvolle und dem großen Raum angemessene „Königin der Instrumente“ ihren musikalischen Thron einnehmen kann. Nach 70 Jahren. Die einstige Sauer-Orgel von 1907 wurde während der Zerstörung von St. Nikolai im April 1945 in Schutt und Asche gelegt.

Ostermontag dürfen sich die Mitglieder der Neuen Hofkapelle Potsdam auf der Orgelempore noch einmal ausbreiten. Für die große Besetzung von Bruckners Fünfter ist sie der richtige Ort. Ob des österreichischen Spätromantikers Sinfonien – neun hat er geschaffen – zur geistlichen Musik gehören, ist zwar fragwürdig, ihren sakralen Charakter kann ihnen aber niemand absprechen. So scheint es also sinnvoll und vor allem spannend, sich einer Brucknersinfonie in kirchlicher Umgebung zu widmen.

Vielleicht ist die 5. Sinfonie aus dem Jahre 1878, die vom Orgelklang inspiriert ist, sogar besonders gut geeignet, in einem Gotteshaus aufgeführt zu werden. „Mächtige Choräle lassen sakrale Monumentalität aufleben und demutsvolle Klänge erzählen von der tiefen Frömmigkeit des Komponisten, der jedoch nie frömmelnd war“, sagt Wiede in einem Gespräch. „Das hoch emotionale Werk ist für alle Interpreten eine große Herausforderung, sicherlich auch für die Zuhörer.“ Aber der Kantor ist davon überzeugt, dass sich der gewaltige Klang-Dom Bruckners all jenen öffnen wird, der sich auf des Linzer und Wiener Komponisten großartige Musik einlässt.

Es ist bekannt, dass der Nikolaikantor seit Jahren das Osterfest in Potsdams Mitte mit farbigen musikalischen Ereignissen erfreut. Am Nachmittag des heutigen Karsamstags um 17 Uhr gibt es ein Kammerkonzert im Potsdam Museum mit Sonaten für Violoncello und Klavier von Ludwig van Beethoven und Johannes Brahms. Zu Gast sind die jungen Münchner Musiker Philipp und Myunghwa Wiede. Am morgigen Ostersonntag um 16 Uhr kann man festliche Trompetenklänge, musiziert von Michael Stodd, hören. An der Altarorgel der St. Nikolaikirche begleitet ihn Björn O. Wiede.

Wenige Tage nach der Aufführung von Bruckners Fünfter wird mitten in der fröhlichen und hoffnungsvollen Osterzeit eine „Trauermusik“ erklingen: das Potsdamer Requiem, das der Nikolaikantor Björn O. Wiede zum Gedenken an die Zerstörung der historischen Potsdamer Innenstadt durch britische Bomber in der Nacht vom 14. zum 15. April 1945 konzipierte und komponierte. Der Nikolaichor hat das beeindruckende Werk bereits vor zwei Jahren uraufgeführt. „Nun wird es aber in einer überarbeiteten Fassung am 70. Gedenktag zu hören sein“, erklärt Björn O. Wiede. Vor allem in textlicher Hinsicht habe er einiges aktualisiert. „Die heutige Gespaltenheit, die man in der Stadt allenthalben spürt, wollte ich darin nicht außer Acht lassen“, sagt Wiede: „Auch bezüglich der Instrumentierung ist manches korrigiert und neu entstanden.“

Neben den Mitgliedern der Neuen Hofkapelle und des Nikolaichores wird an dem Konzert am 14. April in St. Nikolai auch die Singakademie Potsdam mitwirken. Ein gutes Miteinander bahnt sich zwischen den Chören an. Denn zwischen den kirchlich geprägten Chören und der Singakademie, die zu DDR-Zeiten eher als systemkonform galt, war die Stimmung lange Zeit nicht die beste.

Am heutigen Samstag, 17 Uhr, Kammerkonzert im Potsdam Museum im Alten Rathaus am Alten Markt, am Ostersonntag, 16 Uhr, Konzert für Trompete und Orgel in St. Nikolai, am Ostermontag, 18 Uhr, Bruckner-Sinfonie in der St. Nikolaikirche.

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