Kultur: Ein leises Lächeln
Uschi Brüning und Manfred Krug begeisterten im Nikolaisaal
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Uschi Brüning und Manfred Krug begeisterten im Nikolaisaal Bei geschlossenen Augen blüht sie wieder auf: die verblasste Zeit der eigenen Jugend. Verrauchte Jazzkeller, lange Haare, Parker, Cuba libre. Und Uschi Brüning gibt den Ton an. Ebenso wie Manfred Krug. Denn beide tingeln mit der Klaus Lenz Band durch die Klubs, zaubern mit ihrem soulig-jazzigen Sound einen beseelten Brückenschlag zu den unerreichbar magischen Orten der Improvisation. Inzwischen liegt New Orleans allen zu Füßen – doch die Schläfen sind ergraut, die Energien spärlicher geworden. Auch bei Uschi Brüning und Manfred Krug sind die Haare gefallen, die Zeiten nicht spurlos vorbei gezogen. Aber die beiden Sänger trumpfen am Sonntagabend im Nikolaisaal vor ausverkauftem Haus durchaus noch als musikalische Kraftpakete auf. Uschi Brüning mit Bubikopf und schlichtem schwarzen Hosenanzug betritt inmitten ihrer bestbesetzten Jazz“in the blues-Band fast unscheinbar die Bühne. Die ersten Lieder klingen etwas zu laut und zu scharf und die Gedanken führen zurück: Ist das die bekannte, vertraute Stimme? Doch spätestens bei „Georgia“ wippen die Fußspitzen mit, lassen sich die Zuschauer von der Hingabe der gestandenen Sängerin mitreißen. Sie presst die Töne, schießt messerscharfe Pfeile in den Saal, und fällt dann wieder sanft in den Schoß des Blues zurück. Kaum richtig angewärmt, erobert Manfred Krug die Bühne: zunächst einmal sprechend. Denn er hat seine Autobiografie dabei. „Musste das nun auch noch sein, nach Daniel Küblböck und wie sie alle heißen?“, fragt er kokettierend das Publikum. Aber natürlich habe er mehr zu sagen und mehr erlebt als Jung-Daniel. „Und dass es länger mit meinem Buch gedauert hat als bei ihm, liegt einfach daran, dass ich es besser geschrieben habe und zudem noch ganz allein.“ Da kann man dem ach so bescheidenen Schauspieler nun wahrlich nicht widersprechen. Selbst wer „Mein schönes Leben“ bereits gelesen hat, kostet dieses Live-Erleben mit herzlichem Lachen aus. Manfred Krug, der sich seine aufgeschlagenen Knie in der Kriegszeit holte, der Kohldampf schob und unter der väterlichen Knute litt, zeichnet kein grausam-graues Kriegs-Szenarium, er erzählt über seine Sturm- und Drangzeit mit fast kindlich-argloser Naivität, die Bauernschläue dabei immer wieder vorwitzig durchscheinen lassend. Obwohl er sicher schon zig Mal aus dieser humorig-unterhaltsamen Zeitgeschichte gelesen hat, wirkt sein „Vortrag“ in Potsdam frisch und unverbraucht. Manfred Krug liest, trällert und spielt – sein Vorsprechen für die Schauspielschule ist geradezu ein kabarettistisches Schmankerl. Zwischendrin bremst ihn das Klingeln seines Küchenweckers, denn selbstverliebt in den eigenen Text kann die Zeit schon mal davon laufen. Aber keine falsche Hast: ein paar kuriose Postkartengrüße vom verstorbenen Autorenfreund Jurek Becker müssen noch schnell verlesen werden (das frisch gedruckte Buch mit den gesammelten Grüßen buhlt schließlich um ein kauffreudiges Pausenpublikum)und auch ein, zwei Witzchen sind kurz erzählt. „Denn kennen Sie den: Ein Ehepaar sitzt nett beieinander. Sagt die Frau zu ihrem Mann: ,Von Zeit zu Zeit könntest du ruhig mal etwas Schmutziges zu mir sagen“: Darauf er: ,Küche!““ Schnell schiebt der entertainernde Tausendsassa noch einen Anti-Männer-Witz hinterher. Denn Gerechtigkeit muss sein. Diese stellt sich dann nach der Pause im gemeinsamen Gesang mit Sänger-Freundin Uschi nur ansatzweise her. Es ist schon Manfred Krug, der die musikalischen Fäden in den Händen hält, und selbst wenn die Farben seiner Stimme begrenzt sind, weiß er sie dennoch trefflich einzusetzen. Denn dieser Schrank von einem Mann kriecht förmlich ins Mikro hinein und erzählt mit zärtlich-sanfter Stimme die altvertrauten Weisen mit vereinnahmender Suggestion. Als dann „Mani-Maus“ und „Uschi-Maus“ auf ihren Barhockern die „Nice Work“ hoch leben lassen, ist das fast ein Streicheln der Seele. Sie sind beide keine Bühnenkracher, kommen eher auf leisen Sohlen daher. Doch sie sind ganz bei sich, getragen von den exzellent aufspielenden Instrumentalisten. Das Finale bringt dann die immergrünen Ohrwürmer. Schon nach den ersten Takten „Mach“s gut, ich muss geh“n“, brandet der Beifall auf. Und natürlich schwebt auch der Armstrong-Abkömmling „Alles geht einmal zu Ende“ auf der Welle der Sympathie. Im „Nachschlag“ wird es noch besinnlicher, wie es sich für Advent gehört: Zu Herze gehend,rieselt leise der Schnee, bevor es heißt „Adé“. Das Lächeln verabschiedet sich noch lange nicht aus den jugendlich strahlenden Gesichtern. Heidi Jäger
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