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Kultur: Ein Sonderkonzert für kleine „Diebe“

In der Kempff-Ausstellung im Kutschstall ist die Freundschaft zwischen dem Pianisten und Foerster Thema

Stand:

Im Jahre 1993 erklang während der Musikfestspiele im Palmensaal der Orangerie im Neuen Garten „Ein Frühlingsspiel“ für Klavier. In dem Zyklus des Komponisten und Pianisten Wilhelm Kempff, das Veränderungen über eine von ihm geschriebene Weise bereithält, werden Pflanzen des Frühlings in Töne festgehalten: Veilchen, Tausendschön, Glockenblume ... Auch der Rittersporn hat darin Eingang gefunden. Diese Komposition von 1916 ist eine Hommage an Karl Foerster. Mit dem Bornimer Staudenzüchter und Schriftsteller war Wilhelm Kempff sehr verbunden. Sie blieb bis zum Tode Foersters im Jahre 1970 und darüber hinaus mit Eva, der Frau Karl Foersters, bestehen. Die Ausstellung über Wilhelm Kempff „Ich bin kein Romantiker“ im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (Kutschstall) erzählt auch von den Freundschaften des Musikers mit Potsdamern, so mit dem Architekten Otto von Estorff, dem Fotografen Max Baur und eben mit Karl Foerster.

Der Gärtner war schon von Kindheit an mit der Musik Ludwig van Beethovens vertraut. Sein Vater, der Astronom Wilhelm Foerster, galt als ein glühender Verehrer dieses Komponisten und war selbst ein leidenschaftlicher Klavierspieler. „All unsere Sternwartenjahre wurden durchglänzt von seiner Klaviermusik. Hier war Beethoven sein Held...“ schrieb Karl Foerster über die Musikbeschäftigung seines Vaters.  Später schätzte der Staudenzüchter vor allem die Beethoven-Interpretrationen Wilhelm Kempffs. Bereits als Zwanzigjähriger weilte der Pianist im Bornimer Blumenparadies. Auch Wilhelm Foerster konnte noch das Klavierspiel Kempffs bewundern. Immer wieder kam er nach Bornim, auch dann, als er einer der bedeutendsten Pianisten der Welt war. Er unterbrach Konzertreisen, um sich in der Stille und Harmonie des Hauses Am Raubfang auf Konzertabende vorzubereiten. Am 30. März 1961 schrieb er an Eva und Karl Foerster: „Wir träumen uns so manchmal in Euer stilles Reich, das mir ... immer als eine Insel des Friedens, der Besinnung erschienen ist, eine Art geistige Keimzelle ...“ Immer wenn Kempff in Bornim weilte, spielte er auf dem Foerster“schen Flügel. Der Gärtner nahm sich oft die Zeit, um dem Pianisten bei seinem Musizieren zuzuhören. Eva Foerster erzählte: „Als die Schwerhörigkeit meines Mannes zunahm, legte er seinen Kopf auf die Flügeldecke. So konnte er nämlich die Tonwellen besser aufnehmen. Auch die Gärtner, Mitarbeiter und Besucher hatten es gern, wenn Wilhelm bei uns im Hause war und Klavier spielte.“ Eine Freundin Eva Foersters schrieb ihr in einem Brief: „Am Sommerabend im Senkgarten ,ihn“ auf Deinem Flügel spielen hören – war das nicht ein großes Glück?“

Für zwei zehnjährige Jungen bedeutete das Musizieren im Foerster“schen Hause Wilhelm Kempffs nicht unbedingt große Freude. An einem Sommernachmittag „spazierten“ sie durch ein riesengroßes blühendes Phloxfeld der Bornimer Gärtnerei. Kein Mensch war weit und breit zu sehen. Eine gute Möglichkeit, dass jeder sich einen großen Phloxstrauß pflückte. Plötzlich standen zwei ältere Herren vor ihnen – mit „gebotener“ Strenge. Ein Davonkommen war nicht möglich. Die Männer beratschlagten über eine angemessene Strafe. Der eine, der sich als Wilhelm Kempff entpuppte, schlug vor, die Bengels sollten eine Klaviersonate von Beethoven hören. 30 Minuten lang. Und so mussten die kleinen „Diebe“ unter den Augen und Ohren Karl Foersters ein „Straf“-Sonderkonzert des großen Wilhelm Kempff in Bornim über sich ergehen lassen. Klaus Büstrin

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