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Kultur: Ein Stück Japan in Potsdam

Svetlana Ilyinas „Blumen und Vögel“ im Bürgerhaus am Schlaatz

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Ein einsamer Bambus, mit schwarzer Tinte angedeutet, wiegt sich seicht im Wind. Schwerelos, fast wie im Nichts. Und je länger man dieses Bild betrachtet, umso deutlicher spürt man das Rauschen des Windes in den feinen Blättern. Der Bambus verblasst, löst sich auf in einem Nebel aus weißem Reispapier.

„Dieses Bild ist mir am besten gelungen“, sagt Svetlana Ilyina und strahlt. „Der Bambus steht für Stärke, für Flexibilität und für den Sommer“, fügt sie hinzu. Derzeit sind etwa 25 Bilder von ihr in der traditionellen Tuschtechnik des Sumi-e unter dem Titel „Blumen und Vögel“ im Foyer des Bürgerhauses Am Schlaatz ausgestellt.

In Russland geboren, zog die studierte Astrophysikerin Svetlana Ilyina oft umher. Sie verbrachte viel Zeit in Norwegen und in der Ukraine. Seit einigen Jahren lebt sie jetzt in Potsdam, weil ihr Mann, Doktor der Astrophysik, hier Arbeit fand. Die 48-Jährige suchte nach neuen Herausforderungen, begann sich für das Fremde und hier vor allem die japanische Kultur zu interessieren. Dabei entdeckte sie das Sumi-e.

„Ich bin kein Profi, ich lerne es noch“, sagt Svetlana Ilyina. Die Kunst des Sumi-e hat eine lange Tradition und ist durch die asketische Lehre der Zen-Mönche beeinflusst. Sumi ist japanisch und bedeutet schwarze Tinte. Das „e“ steht für „Malerei“ oder „Weg“, denn hier entscheidet nicht der Künstler oder ein Modell, was gemalt wird, sondern die Tinte bahnt sich ihren eigenen Pfad. „Es kommt auf die Komposition an. Es gibt keine Parallelen, es gibt keine Diagonalen, es gibt nur den Pinsel, der den Takt angibt und jeder Teil deines Körpers führt ihn“, sagt Svetlana Ilyina.

Aus dieser Kraft zeichnet sie die Natur, wie sie ihr in den Sinn kommt. Svetlana Ilyina zeichnet Pflanzen, wobei jedes Motiv eine eigene Bedeutung aufweist, wie es die Philosophie des Sumi-e verlangt. So zeigen ihre Bilder oft die „four gentlemen“: vier Pflanzen, jede davon steht mit ihrer Blütezeit für eine andere Jahreszeit. Die Pflaume für den Winter, die Orchidee verkörpert den Frühling, der Bambus stellt den Sommer dar und im Herbst erblüht die Chysantheme. Auch die Tiere haben im Sumi-e einen symbolischen Charakter. Der Adler steht beispielsweise für die Stärke des Geistes.

Reispapier dient Svetlana Ilyina als Leinwand für ihre Arbeiten, feinste Seide, als buddhistisches Glückssymbol, bildet den Rahmen. Die Bilder haben unterschiedliche Größen, sie sind so individuell wie es die Tradition gebietet.

Auch wenn Svetlana Ilyina, wie sie selbst sagt, noch lernt, verkörpern ihre Bilder längst die Idee des Sumi-e. Sie versuchen durch Ruhe, Individualität und Schlichtheit die Stärke der Natur auszudrücken.

Die Ausstellung „Blumen und Vögel“ ist noch bis zum 26. August im Foyer des Bürgerhauses Am Schlaatz, Schilfhof 28, werktags von 9 bis 17 Uhr, geöffnet. Der Eintritt ist frei

Lukas Regler

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