Kultur: Einblicke in die Hackbrettwelt
Einfühlsames Potsdam-Debüt von Olga Mishula auf Salterio, Hackbrett, Cimbaly im Schlosstheater
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Einfühlsames Potsdam-Debüt von Olga Mishula auf Salterio, Hackbrett, Cimbaly im Schlosstheater Was wissen wir preußischen Ignoranten schon vom Hackbrett? Das ist wohl etwas für Volksgaudis und die Stubnmusi in den fernen Alpenländern. Natürlich klingt das Cimbalom auch ganz zauberhaft in ungarischen Zigeunerkapellen. Ach ja, Musikkennern fällt vielleicht noch ein, dass Kodály und Strawinsky dafür komponiert haben und dass Vivaldi so ein trapezförmiges Saiteninstrument aus Italien in seiner Oper „Il Giustino“ verwendet hat. Aber das sind Einblicke in den Seitenflügel des klassischen Raritätenkabinetts. Da muss erst Olga Mishula kommen, um Neugier und Begeisterung zu entfachen. Gleich drei Instrumente aus der Zitherfamilie hat sie zu ihrem Potsdam-Debut ins Schlosstheater mitgebracht: ein weißrussisches Cimbaly, ein bayrisches Hackbrett und ein italienisches Salterio. Mit ihrer einfühlsamen Musikalität und hinreißenden Virtuosität macht sie jedes der drei zum Erlebnis. „Ein Feuerwerk der Cimbalklänge“ – mit dem Konzertmotto haben die Potsdamer Hofkonzerte nicht zu viel versprochen. Zierlich wirkt das Salterio, das im 18. Jahrhundert in Italien und Spanien in Mode war. Sein leise schnurrender Klang erinnert an ein Cembalo, und es hat dem Tasteninstrument sogar etwas voraus: Man kann mit den beiden Klöppeln die Lautstärke stufenlos variieren. Hingebungsvoll vertieft sich Olga Mishula in die Salterio-Sonate des Italieners Pietro Beretti mit ihren Trillern und Echoeffekten. Mikhail Antropov unterstützt die Barockklänge mit seiner leise gezupften Gitarrenbegleitung. Eine tausendjährige Tradition hat das Hackbrett in Europa. Der Bischof von Canterbury hat es 988 schon in seiner Hofkapelle eingesetzt. Als Volksmusikinstrument war es immer präsent, aber erst der deutsche Virtuose Pantaleon Hebenstreit hat es 1705 mit einem legendären Konzert vor Louis XIV wieder hoffähig gemacht. Sogar Johann Sebastian Bach soll angeblich für das Hackbrett komponiert haben. Es gäbe eine Sensation in der Hackbrettwelt, würden diese Noten jemals auftauchen. Solange behilft sich Olga Mishula mit einer Bearbeitung von zwei Sätzen aus Bachs erster Violinpartita für ihr bayerisches Instrument. Salterio, Hackbrett, Cimbaly – immer größer, immer dunkler und voller im Klang werden die Saiteninstrumente im Lauf des Abends. Immer feuriger und ausgelassener spielt die Solistin. Mit dem Cimbaly ist sie zu Hause angekommen. Es ist das Nationalinstrument ihrer weißrussischen Heimat. In Minsk gibt es schon seit 1937 ein ganzes Cimbaly-Orchester und seit 1940 einen Cimbaly-Studiengang am Konservatorium. Dort hat Olga Mishula studiert und zahlreiche Wettbewerbe gewonnen, bevor sie ihre internationale Solistenkarriere begann. In Liszts „Ungarischer Rhapsodie Nr. 2“ fliegen die Klöppel nur so über die Metallsaiten. Auch mit Chopins „Fantasie-Impromptu“ spielt sie sich in einen wahren Geschwindigkeitsrausch. Sie liebt die romantischen Bravourstücke, aber auch die folkloristischen Melodien aus Weißrussland und Ungarn, die sie mit ihren Schlag-, Zupf- und Dämpftechniken so sensibel ausgestaltet. Der vollmundigere Cimbaly-Klang verträgt sogar die sparsame Klavierbegleitung von Aya Ishihara. Am Ende gibt es Standing Ovations. Dabei hat Olga Mishula nur einen Einblick in ihr großes Repertoire gegeben. Sie könnte auch Jazz, zeitgenössische Musik und eigene Kompositionen spielen oder das ungarische Cimbalom vorführen. Aber sie wird ja hoffentlich bald wiederkommen.
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