Kultur: „Eine architektonische Katastrophe an diesem Ort“ Neue Gründe gegen Blechauto in Schiffbauergasse
Es sei keineswegs die Angst vor Konkurrenz gewesen, die sie zu ihrer Kritik an dem Museum „Fluxus+“ bewog, betonte Waschhaus-Mitarbeiterin Katja Dietrich-Kröck auf PNN-Nachfrage. „Wir haben nichts gegen diese Sammlung, sie wäre sicher eine Bereicherung für Potsdam.
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Es sei keineswegs die Angst vor Konkurrenz gewesen, die sie zu ihrer Kritik an dem Museum „Fluxus+“ bewog, betonte Waschhaus-Mitarbeiterin Katja Dietrich-Kröck auf PNN-Nachfrage. „Wir haben nichts gegen diese Sammlung, sie wäre sicher eine Bereicherung für Potsdam. Probleme sehen wir indes bei dem Standort: architektonisch wie auch inhaltlich“, erneuerte sie ihre bereits im Kulturausschuss geäußerte Kritik. Der private Mäzen und Kunstsammler Heinrich Liman will seine Ausstellung mit Arbeiten u.a. von Wolf Vostell, Niki de St. Phalle und Christo in einem riesigen Museums-Auto aus Blech in der Schiffbauergasse dauerparken. Genau an der Stelle, wo derzeit die fabrik ihren gut gehenden Biergarten betreibt und im fischhaus bis 2007 probt. „Fluxus+“ soll aber schon 2006 die Schiffbauergasse ansteuern. Viele offene Fragen, die die angestammten Kulturbetreiber gern mit Heinrich Liman und auch dem Sanierungsträger besprochen hätten, bevor die Sache im Kulturausschuss auf den Tisch kam. „Es ist nicht das erste Mal, dass man uns übergeht“, bedauert Katja Dietrich-Kröck. Allerdings sei gerade hinsichtlich der Architektur bislang alles mit sehr sensibler Hand angegangen worden, „das Gebäude von Oracle ebenso wie das VW-Designzentrum. Jetzt soll so eine Blechbüchse in dieses denkmalgeschützte Areal kommen, und Herr Liman, selbst Stadtgestalter, stellt sich hin und sagt: ,Die Form ist nicht diskutierbar“.“ Sein Argument, dass sich die Architektur aus dem Inhalt herstelle – Vostell experimentierte mit Autos – sei ihr nicht zwingend schlüssig. „Man baut ja auch kein Naturkundemuseum in Form eines Bibers. Man kann auch ein begehbares Auto schaffen, ohne dass es schon von außen wahrnehmbar sein muss.“ In dem bestehenden Ensemble sei dieses Riesenblechauto jedenfalls schwierig. Es rücke der fabrik sehr eng auf den Leib und nehme zudem die Chance, die diskutierte Kunsthalle in der Schiffbauergasse zu errichten. Diese war ursprünglich ebenfalls als fabrik-Nachbar im Gespräch, auch wenn es derzeit an der Finanzierung fehlt und auch noch andere Orte wie die Fachhochschule in der Diskussion sind. Die Kritik von Waschhaus, fabrik und T-Werk, für die Katja Dietrich-Kröck stellvertretend im Kulturausschuss sprach, sei aber auch inhaltlich begründet. „Derzeit wird an einem Kulturleitbild in der Schiffbauergasse gearbeitet, zu dem von uns die Ideen kommen sollen. Und es gibt bereits auch diverse Entwürfe. Sie sind darauf ausgerichtet, aktuelle, junge Kunst zu fördern, die zum Teil auch vor Ort entsteht. Fluxus, deren Sammlung sehr gut sein soll, obwohl wir noch nichts davon gesehen haben, zeigt aber nur eine sehr eingeschränkte Periode der Kunstgeschichte. Sie hat zwar die zeitgenössische Kunst sehr inspiriert, ist aber doch auf die 60er, 70er Jahre konzentriert.“ Das Argument von Heinrich Liman, dass er auch aktuelle Kunst in wechselnden Ausstellungen zeigen möchte, konnte Katja Dietrich-Kröck so nicht überzeugen. „Schließlich hat er dafür nur 170 Quadratmeter zur Verfügung.“ Das Waschhaus, das sich nach dem anstehenden Um- und Ausbau selbst bildkünstlerisch stärker in einem „Kunstraum“ profilieren möchte, würde eine Kunsthalle viel eher begrüßen, die dann ein Spektrum verschiedener Kunstrichtungen und Epochen zeigen und zudem aktuelle Kunst präsentieren könnte. „Selbst oder gerade auch in Konkurrenz zu uns. Schließlich ist die Bildende Kunst in Potsdam noch immer ein Stiefkind.“ Sie habe durchaus auch Bauchschmerzen, gegen das Geschenk von Heinrich Liman zu argumentieren, aber möchte einfach vor einem Schnellschuss warnen, der ungeprüfte Tatsachen manifestieren könnte. „Ich bin froh, dass im Kulturausschuss trotz weitgehender Begeisterung beschlossen wurde, noch andere Ausschüsse zu befragen. Außerdem soll Erich Jesse vom Sanierungsträger nun mit uns ins Gespräch kommen, was natürlich schon längst hätte passieren müssen. Aufgeschreckt wurden wir vor allem durch die Presse, wo das Vorhaben schon als definitiv feststehend beschrieben wurde.“ Die freie Szene in der Schiffbauergasse möchte keineswegs als „Meckerer“ da stehen, nur eben integriert werden. „Aber ich glaube: Das Blechauto wäre an dieser Stelle eine architektonische Katastrophe.“ Sie sei erleichtert, dass auch bei Christian Seidel, dem Vorsitzenden des Bauausschusses, bei dem Vorhaben die Alarmglocken auf Rot gingen. Er hatte im Kulturausschuss betont, dass die eigenwillige Form des Museums als zweietagige Aluminiumhalle mit der Schlösserstiftung abgesprochen werden müsse (PNN berichteten). Stiftungs-Generaldirektor Hartmut Dorgerloh hat „von diesem interessanten Vorhaben“ erst aus der Zeitung erfahren, wie er gegenüber den PNN betonte. Für ihn seien zwei Aspekte zu hinterfragen: „Passt diese Präsentation zum Profil der Stadt und ist sie auch für den Standort geeignet?“ Er gehe davon aus, dass die Stiftung rechtzeitig an der Diskussion beteiligt werde, wie man mit dem Vorhaben in dem sensiblen Bereich Schiffbauergasse umgehen könne. Heidi Jäger
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