Kultur: Eine beschwingte Lesart Weihnachtsoratorium in der Erlöserkirche
Für die Ballettfans ist es Tschaikowskys „Nussknacker“, für die Opernliebhaber Humperdincks „Hänsel und Gretel“, für die Chormusikfreunde ist es Bachs „Weihnachtsoratorium“: „die“ ultimative Weihnachtszeiteinstimmung. So gehört es auch für Potsdamer Chöre zum guten alten Brauch, das Weihnachtsoratorium ins Programm zu nehmen.
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Für die Ballettfans ist es Tschaikowskys „Nussknacker“, für die Opernliebhaber Humperdincks „Hänsel und Gretel“, für die Chormusikfreunde ist es Bachs „Weihnachtsoratorium“: „die“ ultimative Weihnachtszeiteinstimmung. So gehört es auch für Potsdamer Chöre zum guten alten Brauch, das Weihnachtsoratorium ins Programm zu nehmen. Vor den Festtagen konnte man die ersten Teile hören, am Sonntag folgten die Kantaten 4 bis 6 in der Erlöserkirche. Dieser zweite Teil ist nicht ganz so populär wie „Jauchzet, frohlocket“ oder „Schließe mein Herze“ aus den ersten drei Kantaten der breit angelegten Festkomposition. Doch runden sie die Geschichte ab und bilden für viele auch den Beschluss der weihnachtlichen Festzeit.
Unter der Leitung von Ud Joffe musizierten die Potsdamer Kantorei, das Neue Kammerorchester Potsdam sowie die Solisten Antje Perscholka (Sopran), Regina Jakobi (Mezzosopran), Falk Hoffmann (Tenor), sowie Raimund Nolte (Bariton), in zügigen, lebendigen Tempi. Es fehlte auch diesmal an nichts – nicht an stimmlichem Glanz, an plastischer Gestaltung, an einem in sich stimmigen Top-Chorklang, nicht an ausdrucksmäßiger Tiefenschärfe. Allein schon die drei völlig unterschiedlichen Eingangschöre, deren Charakter die Kantorei so vortrefflich traf, hätten das Kommen gelohnt – den breit fließenden Gestus von „Fallt mit Danken“ auskostend, die Präzision und Lebendigkeit von „Ehre sei dir, Gott, gesungen“ und die auftrumpfende Kraft von „Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben“. So frisch, feinsinnig und musikalisch erfüllend hört man die Chöre selten. Dazu kamen die sehr schön und sensibel differenziert gesungenen Choräle, wie beispielsweise „Dein Glanz all Finsternis verzehrt“. Und sehr empfindsam und schlicht nahmen sich Dirigent, Sängerinnen und Sänger der Innigkeit von „Ich steh an deiner Krippen hier“ an.
Der Dresdner Tenor Falk Hoffmann gestaltete die Evangelistenpartie ein wenig statisch, etwas zu bedächtig, sang dafür aber sehr durchgefeilt die Arien. Souverän bewältigten auch die anderen Solisten ihre Partien, wobei Regina Jakobi und Raimund Nolte mit besonderer Ausdruckskraft zu überzeugen wussten. Leider war Antje Perscholkas Sopranglanz diesmal erstaunlicherweise ein wenig eingeschränkt.
Der beschwingten Lesart des Dirigenten war auch das Neue Kammerorchester gegenüber sehr aufgeschlossen. Blendend ausgearbeitete Soli traten mit den Solisten in den Dialog, Streicher und Bläser – von der stumpf klingenden Solo-Oboe in der Echo-Arie einmal abgesehen – verliehen dem Ganzen empfindsame, akzentuierte Basis und Partnerschaft. Ud Joffe leitete ohne großen äußerlichen Aufwand, dirigierte pragmatisch und strahlte dabei eine Ruhe aus, die sich auf das Musizieren übertrug und diesem sehr wohl bekam. Herzlicher Beifall für eine bewegende Aufführung. Die Weihnachtsoratorium-Zeit geht nun so langsam ihrem Ende entgegen. Freuen wir uns auf den nächsten Dezember! Klaus Büstrin
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