Kultur: Eine filmische Zeitreise durch Potsdam Filmmuseum zeigt erneut alte Filmdokumente
Wie schon vor fast einem Jahr, so war auch bei der Filmmatinee am Sonntag der Andrang im ehemaligen Marstall sehr groß. Als Begleitveranstaltung zu der Ausstellung „Mark und Metropole“ im benachbarten Hasu der Brandenburgsich-Preußischen Geschichte konzipiert, wurden wiederum „alte Potsdam-Filme“ gezeigt.
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Wie schon vor fast einem Jahr, so war auch bei der Filmmatinee am Sonntag der Andrang im ehemaligen Marstall sehr groß. Als Begleitveranstaltung zu der Ausstellung „Mark und Metropole“ im benachbarten Hasu der Brandenburgsich-Preußischen Geschichte konzipiert, wurden wiederum „alte Potsdam-Filme“ gezeigt. Zwei aktuelle Anlässe gaben der Veranstaltung (in Kooperation mit dem Bundesarchiv-Filmarchiv) freilich ein besonderes Gepräge, der 40. Jahrestag der Sprengung der Garnisonkirche und der Stand beim „Wiederaufbau“ des Stadtschlosses.
Neben dem kulturhistorischen Aspekt waren vor allem auch die Reaktionen des sehr gemischten Publikums interessant, ob der sich aktuellen Bausituation hatte wohl jeder zu wählen, ob er die sechs Streifen unter Perfekt, Präsens oder kühnes Futur verarbeiten wollte.
Der älteste, „Frühjahrsparade in Potsdam“, stammt aus dem Jahre 1910. An der historischen Welte-Kino-Orgel von Helmut Schulte mit alten Märschen und Tschingdarassa begleitet, zeigte Louis Held vor dem Stadtschloss einen wohlgeordneten Truppenaufmarsch zu Pferde, nach drei Minuten Totale finito und Beifall. In der Umspulpause Mozarts „Türkischer Marsch“ – Schultes Beitrag zur Fußball-EM. Bruno Lindigkeits Streifen „Ein Tag in Potsdam“ von 1926 und acht Minuten länger, listete die Sehenswürdigkeiten von „Preußens Hauptstadt“ noch stumm, aber mit Untertiteln auf, wo immer seine Kamera weilte, war auf den Straßen wenig Betrieb. Beifall für das beschauliche Idyll.
Für Metro Goldwyn Mayer drehte Heinz-H. Schwerdtfeger 1932 „Das steinerne Antlitz von Potsdam“, zwölf Minuten lang. Hier wurde Architekturgeschichte mit gewaltiger Hochachtung vor dem preußisch-königlichen Impetus verbunden, indes man nicht zu erwähnen vergaß, aus welchem Teil Europas jedes Bauwerk (das Stadtschloss inklusive) sein Vorbild bezog. Potsdams historischer Eklektizismus ist leider kein Thema für heute. Zögerlicher Beifall, wofür?
Dieser blieb bei dem folgenden Farbfilm gänzlich aus, denn „Potsdam“ (1934) von Kurt Waschneck ließ sein preußisches Kontinuum direkt in den Marschtritt von Hitlers Armeen einmünden. Nach Bombenterror und Schuttbergen ging es nicht allein darum, die einstige „Stadt der königlichen Bauwerke“ wieder aufzubauen und die Versorgung zu sichern, man wollte endlich „ein friedliches Deutschland“ schaffen. 1946 wurde dazu von Joop Huisken ein 45-minütiger Dokumentarfilm für die DEFA gedreht, welcher die Anstrengungen der Stadtverwaltung (noch ohne SED-Parteiabzeichen) vorführte, viele Erfolge, aber auch jede Menge Eigenlob – so war das damals. Kein Beifall. Auch der letzte Beitrag von 1959, nur vier Minuten lang, schien auf Propaganda nicht zu verzichten. Aus zeitgeschichtlichen Amateuraufnahmen montiert, zugleich im Banne des Eisernen Vorhangs, versuchte er anhand der Schloss-Ruine nachzuweisen, dass Potsdam ohne seine „historische Mitte“ und unter kommunistischer Macht in Zukunft nur noch eine unattraktive „Häuseransammlung“ bar jeder Geistigkeit sei. So kam es ja auch. Was sich die damaligen Architekten für die neuen Tage der entleerte Mitte einfallen ließen, blieb imperfekt, wurde hier niemals gebaut. Hände regten sich nicht.
Neunzig Jahre Zeit- und Filmgeschichte in unkommentierten 75 Minuten – still und nachdenklich ging man in die Kulisse des taghellen Präsens zurück.
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