Kultur: Eine Freundschaft
Fraenger und George in Bibliotheksausstellung
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Fraenger und George in Bibliotheksausstellung Wilhelm Fraenger und Heinrich George – Bilder und Dokumente einer Freundschaft sind ab 27. April in einer Ausstellung in der Stadt- und Landesbibliothek zu sehen. Der Kunsthistoriker und Volkskundler Wilhelm Fraenger (geb.1890) liebte das Leben in Gegensätzen. Nicht derart, dss sich in seinem Leben Phasen intellektueller Kontemplation mit Zeiten künstlerischer Kreativität abwechselten, sondern er vermochte beides in kreativer Weise zu verbinden. Diesem Charakterzug entsprach eine Freundschaft von größter Tragweite, zu einem der größten deutschen Schauspieler, dessen Leben tragisch endete: Heinrich George. Bekannt wurde Fraenger durch Arbeiten über Matthias Grünewald, Jörg Ratgeb und Hieronymus Bosch, dessen Monographie inzwischen in 13. Auflage erschienen ist und als kunsthistorischer Bestseller gelten kann. Weniger bekannt ist jedoch sein Interesse an der modernen Kunst seiner Zeit, vor allem des Expressionismus in der Bildenden Kunst wie der Literatur. Seiner Beziehung zu vielen zeitgenössischen Künstlern und seine Teilnahme an expressionistischen Kunstereignissen entsprang die erste Begegnung zwischen George und Fraenger. In einer Frankfurter Galerie wurde 1920 eine Kokoschka-Ausstellung eröffnet, die George und Fraenger besuchten. Dort lernte George den „geistvollsten, universal gebildeten Kunsthistoriker kennen: Dr. Wilhelm Fraenger. Der Komödiant, dessen ganze Kraft aus dem Bauch, (...) kommt, hat seinen Adlatus gefunden. Fraenger, drei Jahre älter als er, bringt den schillernden, aus vielen Quellen gespeisten Intellekt in die lebenslange Freundschaft ein, die George braucht, um davon inspiriert und zu genauen Diktionen in den künftigen Rollen hingeführt zu werden“, schreibt Peter Laregh in seiner Biografie über George. Als George Intendant des Schillertheaters Berlin wurde, nahm er Fraenger als Künstlerischen Beirat zu sich und hielt seine Hand schützend über den als „Roten Fraenger“ bekannten Wissenschaftler. Im Schillertheater war Fraenger nicht nur Georges persönlicher Berater in dramaturgischen Fragen, sondern auch Schriftleiter der Programme und Leiter der Bibliothek. Auf Fraengers Empfehlung wurde der Grafiker Günther Strupp, der bereits 1933 im KZ interniert gewesen war, als Bühnenmaler engagiert. Fraenger förderte Strupp und versuchte, ihm Publikationsmöglichkeiten zu verschaffen. Als Strupp 1943 ein zweites Mal verhaftet wurde, schrieb Fraenger ihm ein Gutachten über dessen „künstlerisch bedingte eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit“. Noch bevor es zur Verhandlung kam, wurde Strupp von den Amerikanern befreit. George, der von Besarin, dem ersten Stadtkommandanten Berlins, bereits einen „Schutzbrief" erhalten hatte, wurde im Juni 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht verhaftet. Die Belegschaft des Schillertheaters, die George in den Zeiten der Verfolgung geschützt hatte, richtete an die Sowjetische Kommandantur eine Eingabe, die George entlasten sollte. Dieser Gruppe gehörten auch Fraenger und sein Schützling Strupp an Die Fürsprache nützte indes nichts, George blieb interniert. Wilhelm Fraenger wurde nach dem Krieg Bürgermeister in Päwesin bei Brandenburg. Fraenger ging 1947 an die Akademie der Wissenschaften Berlin. Er starb am 19. Februar 1964 in Potsdam.Wolfgang Hempel
Wolfgang Hempel
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