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Kultur: Eine kongeniale Freundschaft in Bildern

Ausstellung in der Stadt- und Landesbibliothek über Fraenger und George

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Ausstellung in der Stadt- und Landesbibliothek über Fraenger und George Das Verbindende auf den ersten Bildern - zwei Porträtskizzen - ist zweifellos die Pfeife. Die beiden Protagonisten der Ausstellung, Wilhelm Fraenger und Heinrich George, waren passionierte Pfeifenraucher. Und Weintrinker. Wie aus dem Vortrag von Petra Weckel, stellvertretende Vorsitzende der Wilhelm-Fraenger-Gesellschaft, zu erfahren ist. Konzipiert wurde die Ausstellung von Jan George und Ralph Werner. Die Freundschaft des promovierten Kunstwissenschaftlers mit dem renommierten Schauspieler begann 1920 bei einer Kokoschkaausstellung in Frankfurt. Und sie währte bis zum Tode Georges 1946 im Konzentrationslager Sachsenhausen. Fraenger war früh durch seine Monographien u.a. über Hieronymus Bosch, dessen Titelseiten die Ausstellung präsentiert, in Deutschland so bekannt geworden, wie der Mime aus Stettin, dessen Szenenfotos aus drei Jahrzehnten zu betrachten sind.1919 hatte Fraenger in Heidelberg den Verein „Die Gemeinschaft“ gegründet. Eine Gegenuniversität gegen den „Leisetritt“ der konservativen Universitäten, so Weckel. In der Gemeinschaft besachäftigte man sich mit expressionistischer Kunst. Carl Zuckmayer, der der „Gemeinschaft“ angehörte, porträtierte die beiden Protagonisten: „Die genialste Persönlichkeit, das spürte auch der Theaterneuling, war der junge Heinrich George. Er gehörte zu den Darstellern, die - nur durch die Kraft ihrer Phantasie - den eigenen Körper überspielen, in der Gestalt der Rolle auflösen können.“ Ebenso facettenreich wurde die Persönlichkeit Fraengers von Zuckmayer beschrieben: „Er war damals wohl um die dreißig, Direktor des kunsthistorischen Institutes und mit allen intellektuellen Prämissen, mit allen musischen Emanationen vertraut und befasst, die das Weltbild der Epoche bezeichneten. Das Absonderliche, Seltsame, Geheimnisvolle in den Künsten und vor allem in Volkskunde und Folklore war sein eigenster Bezirk, sein bevorzugtes Forschungsgebiet. Aber er war ebenso, im sokratischen Sinn, ein Lehrer und Bildner seiner jüngeren Freunde.“ Zuckmayers Porträts und die Titelseiten der begleitenden Zeitschriften der „Gemeinschaft“ sind in der Ausstellung zu besichtigen. In Frankfurt planten und inszenierten Fraenger und George als erste gemeinsame Arbeit die Einakter Kokoschkas als Matineeveranstaltung. Die Aufführung endete mit einem Skandal und wurde in der Frankfurter Zeitung von dem Kritiker Diebold verrissen. Die Heidelberger Festspiele, bei denen Fraenger inszenierte und George in Goethes Frühwerk „Götz von Berlingen“ die Titelfigur spielte, wurden wichtige Meilensteine der produktiven Freundschaft. Zu der auch zahlreiche feuchtfröhliche Feste gehörten, von denen Fotos Zeugnis ablegen. Aber das änderte sich bald. Nach 1933 verlor Fraenger seinen Arbeitsplatz, da er sich für die Rezeption der in Deutschland inzwischen verfemten expressionistischen Künstler einsetzte. Als George am Berliner Schillertheater Intendant wurde, holte er den Freund 1938 als künstlerischer Berater und Leiter der Bibliothek nach Berlin. Fraenger gestaltete hier die Programmhefte. Viele anspielungsreiche Textstellen von Klassikern wurden in den Programmheften untergebracht. Politisch Bedrängte fanden im Theater Unterschlupf. Im gesamtem Ensemble des Theaters gab es nur einen einzigen Parteigenossen. All diese Besonderheiten trug Fraenger später in seinen Bittschriften und Appellen an die Russische Kommandantur zusammen, um die Freilassung Georges zu erwirken. Da lebte Fraenger bereits in Päwesin bei Brandenburg, wo er kurze Zeit Bürgermeister war. Die Bittschriften blieben ergebnislos. Als George 1946 starb, legte Fraenger sein Amt nieder und trat aus der SED aus. Fraenger starb 1964 in Potsdam. Da war er bereits ein Unbekannter geworden, was die Ausstellung, zahlreiche Veröffentlichungen und die Veranstaltungen zu verhindern versuchen. Barbara Wiesener

Barbara Wiesener

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