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Kultur: Eine Sache der Herzensrührung

Die Musikfestspiele fordern in diesem Jahr „Rührt euch! – Friedrich der Große, die Musik und Europa“

Stand:

Widerspruch tut gut. Gerade in diesen Tagen, wenn mal wieder die Rede von Friedrich II. ist

Ausgerechnet aus dem „Anti-Machiavel“, der Jugendschrift von Friedrich, dessen 300. Geburtstag in diesem Jahr ausgiebig gefeiert wird, hatte Carsten Hinrichs folgenden Satz zitiert: „Ein Fürst hingegen, dem es gegeben ward, Liebe zu erwerben, wird wirklich Herr über die Herzen sein.“ Um dann den bekannten Preußenherrscher kurzerhand zum „König der Herzen“ auszurufen. Da wurde nicht nur Hartmut Dorgerloh, Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, hellhörig. Und als dieser kurz nach Hinrichs das Wort ergriff, äußerte er auch seine Zweifel, ob nun ausgerechnet der „Alte Fritz“ mit einer solchen blumigen Umschreibung umkränzt werden sollte.

Mehr Widerspruch war an diesem Donnerstag im Historischen Gewölbe im Kutschstall am Neuen Markt nicht zu vernehmen. Das Team der Musikfestspiele Sanssouci um die Künstlerische Leiterin Andrea Palent und den Dramaturgen Carsten Hinrichs hatte zur traditionellen Pressekonferenz für das diesjährige Spektakel vom 9. bis 24. Juni geladen, um das umfangreiche Programm zu präsentieren. Und selbstverständlich steht dieses ganz im Zeichen des preußischen Jubiläumsjahres, denn Friedrich II. ohne Musik, das ist im Grunde ein Ding der Unmöglichkeit.

„Rührt euch! – Friedrich der Große, die Musik und Europa“ lautet programmatisch der Titel. Wer dabei sogleich einen zackig-militärischen Unterton mithört, liegt nicht falsch. Doch das rührselig rote Herz mitten im Schwarzen Adlerorden, dem höchsten preußischen Orden, sorgt dann doch für Irritation. Aber diese Eigenkreation der Musikfestspiele Sanssouci, die in diesem Jahr auch das Logo sein wird, soll den Zwiespalt zwischen „Herzensrührung und harter militärischer Neuordnung“ verdeutlichen, der das 18. Jahrhundert am preußischen Hof prägte, so Hinrichs.

Mehr als 70 Konzerte, Opernaufführungen und andere Veranstaltungen stehen in diesem Jahr auf dem Programm. Wie Andrea Palent ausdrücklich betonte, sind dies alles Neuproduktionen. Als vor zwei Jahren die ersten Planungen für das Programm „Rührt euch! – Friedrich der Große, die Musik und Europa“ gemacht, Anfragen an Musiker und Ensembles verschickt wurden, war Andrea Palent erstaunt, wie stark die Klischees über Friedrich II. auch heute noch die Musikwelt prägen. „Wir haben all unsere Wunschmusiker darum gebeten, dass sie sich darum wie wir auf etwas ganz Neues einlassen“, so Andrea Palent. Und alle haben sie dies begeistert getan. So soll das 15-tägige Festival unter dem Motto der Herzensrührung eine bisher weniger bekannte Seite der friderizianischen Zeit offenlegen. Das dies wieder auf höchstem Niveau geschehen wird, da genügt ein Blick in das Programmheft im neuen, größeren und übersichtlicheren Format. Neben bekannten Künstlern wie die Flötistin Jana Semerádová oder Kristian Bezuidenhout, Meister auf dem Hammerflügel, sind es aber vor allem die Orte, mit denen die Festspiele und die Schlösserstiftung in diesem Jahr überraschen.

So ist unter dem Titel „Preußische Stars“ am Samstag, dem 9. Juni, ein Open Air erstmalig im Ehrenhof des Schlosses Sanssouci zu erleben. Das zu Friedrichs Zeit entstandene Heckentheater am Neuen Palais wird rechtzeitig für die Musikfestspiele wieder zum grünen Leben erweckt und für die Wandeloper „Piramo e Tisbe“ genutzt. Und das Abschlusskonzert am Sonntag, dem 24. Januar, wird von der Gartenseite vor dem Neuen Palais zu erleben sein. Friedrich mache vieles möglich, sagte Dorgerloh, der zum ersten Mal an einer Pressekonferenz der Musikfestspiele teilgenommen hat.

Neben musikalischen Tagesreisen auf den Spuren Friedrichs bis nach Küstrin oder zum Schloss Branitz zieht es die Musikfestspiele immer stärker in die Stadt. So ist am Freitag, dem 15. Juni, auf dem Bassinplatz unter dem Titel „Der Messias in Berlin“ ein Open Air zu erleben, die Friedrichskirche in Babelsberg wird bespielt, am Samstag, dem 23. Juni, wird zum Picknick auf die Freundschaftsinsel und am Samstag, dem 16. Juni, wieder zu „Jazz in the garden“ in den Neuen Garten geladen. Die Kammerakademie krönt das Abschlusskonzert, auch Singakademie und Oratorienchor Potsdam, der Chor des Helmholtz-Gymnasiums und das Sinfonieorchester Collegium Musicum Potsdam sind mit von der Partie. Ein königliches Spektakel, das zu einem der Höhepunkte in diesem Jubiläumsjahr werden könnte.

Der Kartenvorverkauf startet am morgigen Samstag. ab 10 Uhr. Weitere Informationen im Internet unter

www.musikfestspiele-potsdam.de

Dirk Becker

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