Kultur: Eine Suggestion von Bewegung
Das Thema „Tanz“ wird von drei Künstlern in der Galerie Am Neuen Palais präsentiert
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Das Thema „Tanz“ wird von drei Künstlern in der Galerie Am Neuen Palais präsentiert Mit dem Tanz, einer schon im Entstehen vergehenden Bewegung, beschäftigen sich die Drei in Berlin lebende Künstler Karl Menzen (Skulptur), die Bulgarin Fanna Kolarova (Malerei) und Jürgen Tenz (Malerei und Grafik). Jeder nähert sich dem Thema auf ganz eigene Weise. Die Arbeiten von Karl Menzen in rostfreiem Stahl sind konstruktivistische Skulpturen, insofern sie auf geometrische Formen aufbauen und ihre Oberfläche auf den ersten Blick anonym erscheint. Sie vermitteln eine ständig sich verändernde Bewegung. Der Bildhauer fragt nicht nach der Haut der Erscheinungen. Er sucht den Drehpunkt, die Angel, das Element, den inneren Ausgangspunkt aller Triebe, Antriebe und aller willentlichen Akte. Von diesem Zentrum aus beginnen sich seine Figurationen zu winden, zu drehen, zu bewegen, die Bewegungsrichtung zu wechseln. Bei Menzen dominiert das Aneinanderfügen von Stahlteilen als künstlerisches Prinzip. Er erreicht gerade dann eine größere Expressivität, wenn er dem kompositionellen Bauen eine direkte Spontaneität entgegensetzt, die mit wenigen Elementen auskommt. Kleinere Arbeiten erzeugen mit der gelegentlichen Fragilität einzelner Partien den Eindruck von Labilität. Hier finden sich fast lyrische Formverläufe, die den Rhythmus der Teile zueinander bestimmen und durch die Verwendung von Rund- und Winkelformen sowie geschwungener Linienführungen geprägt sind. Immer geht es um das Herausarbeiten der Kraftlinien und Bewegungsabläufe, die sich – gibt man sich intensiverer Betrachtung hin – in der konzentrierten Vitalität der bewegt modellierten Oberfläche widerspiegeln. Bei größeren Arbeiten finden sich raumgreifende Bewegungsabfolgen. Den Eindruck des Schwebens vermitteln einzelne Flächen, die sich im Raum ausdehnen. Doch auch hier gelangt Menzen zu immer sparsameren Formulierungen, ohne aber ganz auf das additive Verfahren zu verzichten. Um die Körperrhythmen in Verläufen von Bewegungsimpulsen zu veranschaulichen, stützt sich Jürgen Tenz auf Körperhaltungen und –gesten, die durch ihre gesuchte Stilisierung die Suggestion von Bewegung tragen. Ein aufrecht gestellter, an den Körper herangezogener Oberschenkel, ein spannungsvoll gebogener Rücken, aus dessen Schulterpartie ein Arm gewinkelt oder hoch zum Kopf geführt ist, wodurch sich Leib und Arm zu einem Kraftfeld von Energien zusammenschließen – das sind Formulierungen, mit denen sich der Künstler intensiv befasst. Versatzstückartige oder lineare Verweise auf den Umraum inszenieren die extrem kondensierten Figurenzeichen in Haltung, Gestik und Proportionen. Diese figürlichen Zeichen, die sich mit schönliniger Elastizität in den Raum entfalten, erinnern an Matisses „Tanz“, den Kreis der stampfenden und sich drehenden Mänaden. Jedem der Elemente, Erde, Himmel und Körper, ist hier seine Lokalfarbe mitgegeben worden – und sonst nichts. Ähnlich wie Matisses „Découpages“ (Scherenschnitte) verwendet auch Tenz kühne Farben, tiefe, volle Kobaltblaus, Fuchsien- und Orangetöne, samtige Schwarz und Hellgelb und erzeugt so strahlende Farbharmonien. Doch dann lassen wieder ein äußerst nervöses Gefüge aus offenen Formen, jäh abbrechenden Linien, Überschneidungen und Wiederholungen das Auge hektisch hin und her springen. Eine Manifestation von Dionysischem, von Tanz und Ekstase findet statt. Die bildnerische Einheit zweier zum Tanzpaar vereinten Körper wird in kreisenden Rhythmen oder aber in arabeske Liniengefüge übertragen. Auch bei Fanna Kolarova tritt der Mensch meist paarweise auf, aneinander verwiesen, ineinander verschlungen, von einem Schicksal aneinandergedrängt. Ihre Partnerschaft ist ein Ringen miteinander, das dennoch um die Achse desselben Menschseins kreist. Die Bildtitel sind argentinischen Tango-Texten entnommen, und die Folge von Slow-Quick-Quick im Rhythmus mit den gleitenden Gehschritten kann man auch ihren Figuren ablesen. Kolarova steigert die Haltung ihrer beseelt anmutenden, mitunter aber zu dekorativen Figuren in einen nahezu erstarrten Tanz taumelnder Traumbefangenheit. Die Tanzenden verbinden sich gleichsam mit den Farben des Lichts und bewegen sich zugleich in schwungvoll eleganten Linien im Rhythmus der Natur. Das Pulsieren eines nahezu unmerklichen Rhythmus in der Statik des Verharrens wird in den Arbeiten der drei Künstler zum „Akt“ der Bewegung selbst – als tänzerisches Ereignis. Das Anhalten von Bewegung, Stille und das ungreifbare Moment des Beginns, die „Beginnlosigkeit“ von Tanz ist hier eigentlich zum Thema geworden.Klaus Hammer Galerie Am Neuen Palais , Mi-Fr 14-18 Uhr, Sa/So 13-18 Uhr, noch bis zum 15. Mai.
Klaus Hammer
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