Von Klaus Büstrin: Eine wache Vertrautheit
Der Bachchor Karlsruhe in der Friedenskirche
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Worte schreiben Musik. Vor allem die Worte der Bibel. Der estnische Komponist Arvo Pärt ist davon überzeugt. Und so rückte er das geistliche Vokalwerk ins Zentrum seines Schaffens. Der Bachchor Karlsruhe stellte Arvo Pärts Vertonung des „Magnificat“ aus dem Jahre 1989 in den Mittelpunkt seines Konzertes am vergangenen Freitag in der Friedenskirche Sanssouci. Der Leiter des rund 80-köpfigen Ensembles, Christian-Markus Raiser, hat sich in der Programmfolge an den liturgischen Ablauf eines Gottesdienstes orientiert. Das „Magnificat“ – der Lobgesang der Maria – als Mitte, als Predigt.
Pärt hat seine Komposition in dem von ihm entwickelten „Tintinnabuli-Stil“ geschrieben. Dreiklangtöne in Verbindung mit einer „echten“ Melodie durchziehen das Stück. Eine fast archaische Klangreise führt zurück ins Mittelalter. Es war bewundernswert, wie der Bachchor Karlsruhe dieses Werk meisterte. Mit der notwendigen Konzentration und Ruhe hat er in allen Stimmlagen – auch die zuvor etwas ruppig klingenden Männerstimmen – die betont einfachen und doch ungewohnten Strukturen des „Magnificat“ zum Singen gebracht. Die klare und gerade geführte Sopranstimme Andrea Chudaks, die Solistin des Konzerts, leuchtete aus dem Vollklang heraus, ohne dass die stimmliche Balance zum Gesamten aufgehoben wurde.
Der Bachchor Karlsruhe und sein Dirigent Christian-Markus Raiser haben während ihrer Konzerte in Halle und in Potsdam Werke geboten, die selten zu hören sind. Der Chor, der große oratorische Werke interpretiert, zeichnet sich auch dadurch aus, dass er auch der meist sehr anspruchsvollen A-cappella-Literatur bestens gerecht wird, wenn man von kleinen Intonationstrübungen, wie in der Potsdamer Friedenskirche, einmal absieht.
Aus drei Jahrhunderten wählte Raiser die Chormusik. Neben den fast heiter klingenden barocken Kyrie-Vertonungen von Vincenzo Albrici und den andachtsvollen Chorsätzen aus der Romantik und Spätromantik (Ernst Friedrich Richter, Arnold Mendelssohn, auch Maurice Duruflé mit seinem Vaterunser ist zuzurechnen) mit ihren Farben und Stimmungen waren vor allem dann eine klangliches Hörerlebnis, wenn die Choristen Mezzoforte und Piano sangen. Aber bei allem war stets eine musikalische Sicherheit zu spüren.
Dies ist bei einem Konzert mit stilistisch ganz unterschiedlichen Werken hoch zu loben. Kurt Thomas’ Jauchzet Gott alle Lande“, Heinrich Kaminskis Vertonung des Psalms 130 und das achtstimmige Amen des Polen Henryk Goreckis verrieten eine gute und wache Vertrautheit des Bachchores mit den nicht immer leicht zu singenden Kompositionen des 20. Jahrhunderts.
Die Sopranistin Andrea Chudak und Christian-Markus Raiser an der Orgel musizierten Auszüge aus der „Missa in simplicitate“ des Franzosen Jean Langlais. Das Werk , das als Grundlage gregorianischen Melodien hat, die kontrapunktisch verarbeitet wurden, haben die beiden Interpreten mit einem feinen Spektrum an Emotionalität den Zuhörern nahe gebracht. Es gab abschließend lang anhaltende Dankesbekundungen für den Bachchor Karlsruhe und seinem Dirigenten sowie für die Solistin.
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