Kultur: Eine wohlklingende Harmonie Zweiter Teil des Weihnachtsoratoriums
Dass Potsdam eine Stadt mit großer Chortradition ist, wird man fast das gesamte Jahr gewahr, in der Advents- und Weihnachtszeit aber besonders. Denn dann wollen alle Ensembles mit festlich-stimmungsvollen Konzerten berühren.
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Dass Potsdam eine Stadt mit großer Chortradition ist, wird man fast das gesamte Jahr gewahr, in der Advents- und Weihnachtszeit aber besonders. Denn dann wollen alle Ensembles mit festlich-stimmungsvollen Konzerten berühren. Vom Oratorienchor Potsdam erwartet man die Interpretation des Bach’schen Weihnachtsoratoriums. Von 1957 an singt der Chor das Werk alljährlich in der Friedenskirche, zunächst unter Ekkehard Tietze, seit mehr als 25 Jahren unter der Leitung von Matthias Jacob. Er dirigierte am vergangenen Samstag die Aufführung der Kantaten 4 bis 6, in der neben dem Oratorienchor das Neue Kammerorchester Potsdam sowie die Solisten Christine Wolff, Sopran, Susanne Gritschneder, Mezzosopran, Tobias Hunger, Tenor, und Andreas Scheibner, Bariton, mitwirkten.
Matthias Jacob hat mit dem Klassiker Weihnachtsoratorium wieder erneut unter Beweis gestellt, dass es mit dem Oratorienchor Potsdam einen der leistungsfähigsten Laienchöre unserer Region zu hören gilt. Seinen Sängerinnen und Sängern ist es zu verdanken, dass sich die wohlklingende Harmonie auch im Publikum einstellte – jenem wichtigen, stets präsenten Adressaten im Denken Bachs, den es direkt nach dem „ehrwürdigen Gott“ für eine „Recreation des Gemüts“ kompositorisch zu bedenken galt. Dazu warf der Oratorienchor einen vollen, warmen und auch strahlenden Chorklang und viel sängerische Intensität in die Waagschale. In Matthias Jacobs Interpretation spielen die Choräle eine gewichtige Rolle. Entsprechend erklang etwa „Jesus richte mein Beginnen“ als herzliche Bitte und erschien mit „Ich steh an deiner Krippen hier“ als ein zusammenfassender, fast vorweggenommener Zielpunkt der Aufführung. Aber auch die drei unterschiedlichen Eingangschöre der Kantaten wurden vortrefflich musiziert, den breit fließenden Gestus von „Fallt mit Danken“ auskostend, die Präzision und Lebendigkeit des fugierten Satzes „Ehre sei dir, Gott, gesungen“ und die auftrumpfende Kraft von „Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben“. Das alles war von eindrücklicher Wirkung. Dabei setzte Jacob stets auf ein flüssiges, aber immer nachvollziehbares Tempo, bei dem sich die Mitwirkenden hörbar und die Zuhörer sichtlich wohlfühlten.
Das Solistenquartett konnte ebenfalls sehr für sich einnehmen. Christine Wolff sang auf jedem Ton brillant treffsicher und ausdrucksstark. Ihr glasklarer Sopran setzte feine Lichter in dieser Aufführung. Wunderbar die Arie „Flößt mein Heiland“, bei der Susanne Gritschneder das Echo gab. Die Mezzosopranistin erfreute in ihrer insgesamt knappen Partie mit einer warmen und kultivierten Stimme, so dass man den Wunsch hat, sie in Potsdam bald wieder zu hören. Der junge Tenor Tobias Hunger gab seiner Evangelistenpartie viel rhetorischen Nachdruck, sollte aber manch übermotivierten Akzenten nicht so viel Raum geben. Die Arien absolvierte er mit großer Souveränität und Stimmschönheit. Andreas Scheibner legte mit seinem baritonalem Bass ein federweiches Fundament, das Ruhe und Ausgeglichenheit in das stimmliche Register brachte. Und wie fast immer war auch an diesem Abend seine feine Gestaltungskunst zu bewundern.
Die innere Wirkungskraft der Bach’schen Musik wurde man auch durch das Spiel des Neuen Kammerorchesters Potsdam mit Konzertmeister Wolfgang Hasleder an der Spitze gewahr. Das Ensemble war wie immer ein verlässlicher und mit der Materie sowieso bestens vertrauter instrumentaler Partner der Sängerinnen und Sänger, das Glanzpunkte setzte - prägnant das Continuo um Cembalistin Inge Lindner, in feinen Kontrasten schwelgend die Oboen d''amore namentlich Gudrun Vogler, und natürlich die weiche Geigenkantilene von Wolfgang Hasleder.
Warmherzig gestaltete sich am Ende der beglückenden Aufführung der Beifall des Publikums. Klaus Büstrin
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