Kultur: Einkehr in Heiligengrabe
Landesdenkmalamt berichtet über Wiederherstellung des mittealterlichen Ensembles
Stand:
Nicht immer fließen die Fördermittel pünktlich, dennoch entwickelt sich das Kloster Stift zum Heiligengrabe, seit es im Jahre 1998 zum „nationalen Denkmal“ erklärt wurde, zielstrebig wieder zu einem „religiösen, karitativen, wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum“ in der strukturschwachen Ostprignitz.
Bei der Sanierung und Restaurierung der aus dem 13./14. Jahrhundert stammenden Kirche und Klausur des ehemaligen Zisterzienserklosters, der spätmittelalterlichen Heiliggrabkapelle; aber auch der im 18. und 19. Jahrhunderet hinzugefügten Wohn- und Wirtschaftgebäude kommt der Denkmalpflege eine besondere Verantwortung zu.
In einem Anfang des Jahres veröffentlichten Sammelband berichtet das Landesdenkmalamt über den Stand der Arbeiten und öffnet den Blick auf deren Fortgang.
Am Ende der DDR-Zeit standen mehrere Bauten leer, auch danach mussten noch Wohnungen in den Stiftsdamenhäusern, die Paramentwerkstatt und das Gästehaus aufgegeben werden. Die Diakonissen des hier 1945 angesiedelten „Friedenshorts“ für behinderte Kinder verließen 1998 das Gelände.
Nun jedoch wird das Klosterstift Heiligengrabe, wie Äbtissin Friederike Rupprecht schreibt, mit Einkehrzeiten, Tagungen, Seminaren je nach Fortschreiten der Arbeiten erneut und immer stärker zu einer Stätte der Religionsausübung, mit der im Jahre 2004 angesiedelten Jugendbauhütte der sozialen Arbeit und mit dem neuen Museum im Stiftshauptmannshaus, dem Klosterladen, Führungen, Klostermärkten auch des Tourismus.
Einen besonderen Schwerpunkt bildet dabei, dass Heiligengrabe seit sieben Jahrhunderten ein Ort der Selbstbehauptung und Selbstbestimmung von Frauen ist. Nach der Reformation setzten sie die Umwandlung des Klosters in ein Evangelisches Damenstift durch und retteten es später sogar über die DDR-Zeit.
Um Heiligengrabe seine Ausstrahlung zurückzugeben, sei das „überlieferte Ensemble in seinem materiellen Bestand möglichst umfassend zu erhalten und wieder erlebbar und nutzbar“ zu machen, erklärt Renate Breetzmann das denkmalpflegerische Konzept. Dabei sind schwierige Fragen zu lösen, denn in dem Ensemble überlagern sich von der Klostergründung 1287 bis zum letzten repräsentativen Umbau der Klausur 1844 durch Friedrich August Stüler zahlreiche Zeitschichten.
Sie alle müssen bewertet und angemessen berücksichtigt werden So fanden die Restauratoren allein im nördlichen Kreuzgang neun Farbfassungen. Sie wählten für die Neuausmalung die schlichte Erstfassung von 1512, alle anderen blieben darunter erhalten und sollen durch Sichtfenster erlebbar gemacht werden.
Die Untersuchungen zur namensgebenden Heiliggrabkapelle von 1512 und ihrem Vorgängerbau haben, wie Felix Escher in seinem Beitrag darlegt, zu neuen Erklärungen für deren Errichtung als „Konkurrenzunternehmen“ zu anderen Wallfahrtkirchen der Region geführt. Der Entstehungslegende, das Kloster sei am Ort einer wundertätigen blutenden Hostie gebaut worden, werde dagegen heute nur noch geringer historischer Wert beigemessen.
DSies sind nur zwei Beispiele aus den einschließlich des Vorworts von Landeskonservator Prof. Detlef Karg 18 Beiträgen, in denen die Autoren den Leser auf eine spannungsreiche, aber auch Konzentration erfordernde Reise durch Geschichte, Gegenwart und Zukunft des uralten und doch so lebendigen Baudenkmals mitnehmen.
Brandenburgisches Landesdenkmalamt (Hsg.) Das Kloster Stift zum Heiligengrabe. Bestandsforschung und Denkmalpflege. Lukas Verlag, Berlin 2008,SBN 3-86732-006-3
Erhart Hohenstein
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: