Kultur: Einschlagende Gewitter
Die musikalische Vielfalt beim Rubys Festival
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Bum chaka bum. Die Gitarre auf den Rücken geschnallt, legt er beim Beatboxen den nächsten Sound auf die Endlosschleife seiner Loopstation. „Er kann mehr mit dem Mund als andere mit den Händen“, kommentiert jemand sein Video auf Youtube. Rassel und tanzende Melodikatöne machen den Sound vollkommen. Wer die Augen schließt, stellt sich eine komplette Reggae-Band vor, aber sicherlich keinen Dresdner Konrad Küchenmeister. Der hat zumindest eine der drei Bühnen im Potsdamer Waschhaus, wo am Wochenende das dritte Rubys Festival stattfand, für sich eingenommen.
Eine Etage tiefer fließt der Alkohol. Mehr Likör für die Hamburger Jungs von Herrenmagazin, bitte! Da kommt ein Tablett. Für die acht auftretenden Bands ist bestens gesorgt, so ist der Alkoholpegel an diesem Abend auf der Bühne deutlich höher als im Publikum. Letztendlich profitieren die Zuhörer. Wie Gewitter ziehen die einschlagenden Drumbeats und Gitarrenriffs durch den Saal. Das Festivalhighlight! Ein Junge ist wie elektrisiert. Sein ganzer Körper angespannt. Jedes einzelne Lied ihres 2010 erschienenen Album „Das wird alles einmal Dir gehören“ kann er mitbrüllen. Bassist Paul Konopacka wirbelt seine blonde Mähne wie ein junger Gott. Da sehen wir ihm auch nach, dass da vor lauter Euphorie mal das Instrument aus der Hand fliegen kann. „Ich bin ganz schön voll“, gesteht auch Gitarrist König Wilhelmsburg. Dies sei aber keine Kritik, sondern vielmehr Eigenlob, fügt er stolz hinzu. Der strahlende Frontsänger erinnert an Jack Johnson und verwandelt bei Songs wie „Alle sind so“ das Gewitter in leise aufschlagenden Nieselregen.
Draußen knistern kleine Lagerfeuer und die Leute haben es sich auf Sitzkissen und Liegestühlen bequem gemacht. Zwei schwarzhaarige Frauen, Ende 30, ziehen synchron an ihrer flimmernden Zigarette und fixieren die Open Stage, wo an diesem Abend jeder insgeheime Musiker mal die Gitarre in die Hand nehmen und sein Talent beweisen darf. Zu gewinnen gibt es eine neue Gitarre zum Weiterüben. Es werden selbstgeschriebene Songs, aber auch Covers wie das traditionelle Seemannslied „What shall we do with the drunken sailor?“ gespielt. Genauso vielfältig wie das musikalische Angebot ist auch das Publikum. Ein älterer Mann im weißen Hemd beobachtet konzentriert die Bühne im Saal, als würde dort eine Dokumentation über Atomwaffen laufen. Anna Fischer, von der Band „Panda“, fegt in knallroten Leggins über die Tanzfläche – ganz ohne Atomwaffen. Ob ihm gefällt, was er dort sieht? Er schmunzelt, als die wilde Rocksängerin von „Frauen und Männern“ singt. „Ick hab zu beeden keen Vertrauen“, quietscht sie in ihr Mikrofon, nachdem sie ihr Publikum mit purem Wodka versorgt hat. Später trifft man sie und alle anderen Bands am Feuer und kommt ins Gespräch. Ob nun – bum chaka bum – Konrad Küchenmeister oder die quirlige Anna Fischer, bei diesem dritten Rubys Festival war für jeden Musikgeschmack etwas dabei. Wir freuen uns auf ein viertes und fünftes Festival dieser Art! Friederike Haiser
Friederike Haiser
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