Kultur: Emotionale Aufgewühltheit
Monographie über Hubert Globisch erschienen / Wanderausstellung diesseits und jenseits der Oder
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Der Potsdamer Kunstverein e.V. hat eine weitere Künstlermonographie der Öffentlichkeit übergeben. Die erste, sie erschien 2003, galt dem Maler Stefan Eisermann, die zweite Veröffentlichung nun Hubert Globisch (1914-2004). Das im Neisse Verlag Dresden herausgegebene Buch „Vom Lauf der Flüsse“ will aber nicht nur Monographie sein, sondern zugleich die Ausstellung, die ab heute in der Bibliothek der Woiwodschaft Opole zu sehen ist, begleiten. Bis Anfang des Jahres sind weitere Ausstellungen mit Werken Hubert Globischs diesseits und jenseits der Oder geplant: in Eisenhüttenstadt, Brzeg, Slubice, Frankfurt an der Oder, Müncheberg und Glogow. Damit will der Potsdamer Kunstverein, der den umfangreichen Nachlass des Künstlers erhielt, dem diesjährigen brandenburgischen Kulturland-Thema „Focus Wasser“ eine ganz eigenständige Facette geben.
Hubert Globisch, der in Potsdam geboren wurde, war auch mit Oberschlesien sehr vertraut. Die Familien seiner Eltern lebten in Neustadt im Landkreis Oppeln, an der Glatzer Neiße. Die Flusslandschaften übten auf Globisch stets eine besondere Faszination aus. So konnte es nicht ausbleiben, dass die Oderflut, die im Sommer 1997 auch den Maler erschreckte, ihn zu einer Bilderfolge veranlasste. Mit 27 Bildern ist es die größte zusammenhängende Werkgruppe, die Hubert Globisch schuf.
Bei der Wanderausstellung haben die Oderflut-Bilder Priorität. Auch die Monographie beschäftigt sich intensiv mit den dramatischen Ereignissen vor zehn Jahren. Der Herausgeber des Buches, Thomas Kumlehn, der zugleich Kurator der Ausstellung ist, hat herausragende Autoren für die Veröffentlichung gewinnen können, unter anderen den Journalisten Uwe Rada, die Schriftstellerin Olga Tokarczuk, die Übersetzerin und Essayistin Ulrike Draesner sowie den Kunsthistoriker Andreas Hüneke. Die Geleitworte schrieben Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck und der Erzbischof der Diözese Opole, Alfons Nossol.
Olga Tokarczuk schildert in ihrem Beitrag „Die Macht der Oder“ ihre Kindheits-Erlebnisse an und mit dem Fluss. „Die Oder hatte ihre verschiedenen Stimmungen, vom dunklen Grün bis zum Anthrazitschwarz. Sie strömte schnell und fieberhaft, brodelnd, als koche sie unter der Oberfläche. Auf dem Rücken trug sie Äste und Zweige, mit denen sie ans Ufer schlug.“
Hubert Globisch hat den Fluss während der Oderflut in seiner facettenreichen Farbigkeit, seiner dramatischen Bewegtheit in Bilder gesetzt. In ihnen findet man keine Räumlichkeit, sondern ein zum Teil expressives Chaos der Fläche. Große emotionale Aufgewühltheit spricht aus ihnen, die von Globischs Erschrecken über dieses Naturereignis erzählt. Allein aus der Farbe entsteht der Bildraum, schreibt Andreas Hüneke. „Das ist die neue Funktion des Lichts in Globischs Bildern, die ihm immer wichtiger wurde, die schließlich das Gegenständliche zumindest nebensächlich erscheinen lassen sollte.“
Thomas Kumlehn wollte mit der Monographie die große Ausstrahlung Hubert Globischs als Mensch und Künstler sichtbar machen. So hat er eine umfangreiche Biographie über Globisch verfasst, die weit mehr ist als eine Anhäufung von Daten eines neunzigjährigen Lebens. Der Autor berichtet über wichtige Stationen des Malers anhand neu aufgefundenen Materials. Darin kommt der Künstler, der auch als Kunstpädagoge tätig war, selbst zu Wort. Umfangreich ist auch die Fotosammlung Hubert Globischs. Mit ihr konnte Kumlehn dem biographischen Teil eine eigenständige und spannende Substanz geben. Erstmals wurde der Versuch unternommen, ein Werkverzeichnis anzufertigen. Bisher gelang dies nur für die Malerei, die Arbeiten auf Papier warten noch auf eine kunstwissenschaftliche Erfassung. Auch eine Bibliographie von eigenen Texten, und solchen, die über Globisch erschienen sind, ergänzen dieses höchst lesens- und anschauenswerte Buch.
„Hubert Globisch 1914-2004, Vom Lauf der Flüsse“, Neisse Verlag Dresden, 24 Euro
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