Die Kantaten Johann Sebastian Bachs sind das evangelische Gegenstück zu den katholischen Messkompositionen. Ist diese textlich festgelegt, so wechselt die Kirchenkantate, dem jeweiligen Sonntag entsprechend. Sie steht in unmittelbarem Bezug zur Predigt. Die Bildhaftigkeit, mit der Bach die Worte in den Rezitativen gestaltete, lobte man bereits zu seinen Lebzeiten. Am vergangenen Sonntag wurde die Bachkantate Nr. 38 „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ im Gottesdienst der Friedenskirche Sanssouci aufgeführt. Dabei wurde deutlich, welch rhetorische Kraft die Rezitative und die Arien auch heute noch haben, obwohl sie 284 Jahre alt sind. Den Choral selbst hat Bach nach bildhaften Worten Martin Luthers komponiert.
Der Vocalkreis und das Neue Kammerorchester Potsdam sowie die Solisten Kristiane Krauß, Sopran, Bettina Jacob, Alt, Volker Arndt, Tenor, und Markus Schütte, Bass, haben unter der Leitung von Matthias Jacob die Kantate mit schöner Frische und Leuchtkraft musiziert. Im Chor ist vor allem der bestens disponierte Tenor hervorzuheben. Die Tenor-Arie wurde mit souveräner Stimmführung gesungen und das Soloterzett (Sopran, Alt, Bass) beeindruckte durch seine sensible Ausdrucksintensität. Es war eine Aufführung, die sich ganz der Aussage des Textes verpflichtet fühlte, diesem „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“. „Denn da schreit jemand zu Gott aus einer prekären Situation heraus, in der es nichts mehr zu beschönigen gibt. Dabei steht die Existenz auf dem Spiel: Wer kann vor dir, Herr, bleiben?“, sagte Pfarrerin Cornelia Behrmann in ihrer Predigt. Der Choral bilde für Bach die emotionale Bühne für die Auseinandersetzung mit der Frage nach eigenem Sündigsein. Vor allem nach dem Angenommensein durch Gott. Denn dies sei ein Geschenk an uns Menschen, so Cornelia Behrmann, die in diesem Gottesdienst als Pfarrerin der Friedenskirche veabschiedet wurde. Klaus Büstrin
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: