Kultur: Entdeckungsreich
Im Atelierhaus Panzerhalle Groß Glienicke: „Die Reise – In den Gärten“
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Im Atelierhaus Panzerhalle Groß Glienicke: „Die Reise – In den Gärten“ Von Almut Andreae Durch die im vergangenen Herbst vollzogene Eingemeindung Groß Glienickes nach Potsdam ist die Landeshauptstadt um einen attraktiven Kulturstandort reicher geworden. In den vergangenen Jahren haben die Künstler des in der Groß Glienicker Waldsiedlung gelegenen Atelierhauses Panzerhalle durch ihre Ausstellungsaktivitäten wiederholt auf sich aufmerksam gemacht. In den Augen der kulturellen Entscheidungsträger Potsdams ist das Atelierhaus zu einem „wichtigen Anker“ in der brandenburgischen Kulturlandschaft geworden, von dem Potsdam nicht zuletzt bei seinem Bewerbungsfeldzug „Kulturhauptstadt 2010“ nachhaltig profitieren dürfte. „Wir können den Wettbewerb als Kulturhauptstadt mit Ihnen eigentlich nur gewinnen“, so Gerhard Meck, Leiter des Fachbereiches Kultur und Museum in Potsdam, bei seiner Begrüßungsansprache zur Eröffnung der Ausstellung „Die Reise - In den Gärten“ zahlreiche Besucher in Potsdams bislang einzige Ausstellungshalle für aktuelle bildende Kunst geströmt. An der in erster Linie durch die Landeshauptstadt und das Kulturministerium geförderten Ausstellung haben sich 14 Künstler beteiligt (PNN berichteten), die zu den Themen Gärten und/oder Reise bemerkenswerte Beiträge in Form von Installationen, Objekten, Fotos und Videos formulierten. Durch die beziehungsreiche Anordnung der Kunstwerke zueinander im Raum entsteht ein sich in viele Richtungen öffnender Dialog zwischen den einzelnen künstlerischen Positionen, in denen es nicht zuletzt darum geht, die nicht selten klischeebehafteten Bedeutungsfelder um den Topos des Gartens und des Reisen von dem Ballast konventioneller Sichtweisen zu befreien. So wird das sowohl dem Garten als auch dem Reisen innewohnende Sehnsuchtsmotiv von auffällig vielen Künstlern aufgegriffen, vor dem Hintergrund persönlicher Erfahrungen hinterfragt, gebrochen und ironisiert. In der kulissenartigen Rauminstallation („Raum III“) der Österreicherin Heidi Kainer beispielsweise, bei der angesichts der das gesamte Interieur uniform überziehenden farbenfrohen Blumentapete jede Vorstellung vom Blumengärtlein zu einem Scheinidyll gefriert, wirft die Künstlerin die Frage auf, was eigentlich passiert, wenn man einen Garten, Blumen oder Natur reproduziert. Gedanken einer von Menschenhand gestalteten Scheinwelt, einer Entfremdung von Natur und Zivilisation oder gar der Gefährlichkeit eines in sich geschlossenen Gartenidylls werden gleichfalls in der dreiteiligen Installation von Jürgen Nestler mit dem Titel „In Ordnung“ oder in Mathias Mühles aus Bildsegmenten montierten Türmen „Bittersüß“ und „Alveris do Brasil“ aufgegriffen und konsequent durchformuliert. Wie die beiden Türme Mühles gerät auch die sich aus Druckstöcken von Holzschnitten zu einem Haus zusammensetzende Rauminstallation „Mein Garten“ von Lothar Seruset mit der kopfstehenden Skulptur in ihrem Inneren zu einem höchst persönlichen Erinnerungsraum. Demgegenüber begibt sich Rüdiger Schöll via seiner drei mit der Kettensäge erstaunlich sensibel bearbeiteten Skulpturen aus Eichenholz auf Arbeitssockeln aus seinem Künstleratelier auf eine imaginäre Reise zu sich selbst. Dazwischen die scheinbar in der Luft schwebende, aus einem vielschichtigen Gespinst feinster Gaze gewirkte Arbeit mit dem Titel „Rock“ der Belgierin Ingrid Mostrey, die in ihrer Feingliedrigkeit die lineare Konstruktion des benachbarten unter Elektrostrom stehenden „Garten des Chromosoms“ der Niederländer René Korten und Jan van den Langenberg sehr gelungen aufnimmt und wie die am anderen Ende der Halle herabpendelnden Pergamentpapierbahnen von Eva Kohler („Verschönerungspläne“) ins luftige Element überführt. Im Kontrast zu diesen fragilen Artefakten steht Carsten Hensels Arbeit „Mountain Top“ in Gestalt eines monumentalen, alles überragenden Zuckerhuts. Auf einem präzisen Konstruktionsgerüst mit aufgeschraubter Hartfaserplatte wurden hier mittels Maurerkelle zehn Zentner Zucker aufgebracht. Bergspitze und Zuckerhut in einem versinnbildlicht diese Projektionsfläche für die Sehnsucht nach Ferne, Exotismus und irdischem Idyll vielleicht am sinnfälligsten das Ausstellungsmotto, dessen bemerkenswerte Umsetzung eine entdeckungsreiche Reise durch einen Garten voller Kunst verspricht. „Die Reise - In den Gärten“. Im Atelierhaus Panzerhalle, Kaserne Waldsiedlung, Seeburger Chaussee 2, Groß Glienicke. Öffnungszeiten der Ausstellung und der offenen Ateliers: Fr 16 - 19 Uhr, Sa/So 14 - 19 Uhr.
Almut Andreae
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