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Kultur: Entschlackte Seelenglut

Landesjugend-Sinfonieorchester Brandenburg musizierte im Berliner Konzerthaus

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Landesjugend-Sinfonieorchester Brandenburg musizierte im Berliner Konzerthaus Der Prophet wollte schon zum Berg gehen, doch dieser mochte wohl das Kommen nicht akzeptieren. Also entschloss sich das Landesjugend-Sinfonieorchester Brandenburg, die Ergebnisse zum Abschluss seiner herbstlichen Probenphase nicht im Potsdamer Nikolaisaal, sondern im Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt vorzustellen. Zu diesem Zwecke haben sich die jungen Musiker aus allen Regionen des Landes, zahlreich begleitet von Eltern, Geschwistern, Großeltern, Bekannten und Kumpels, unter Leitung ihres langjährigen Leiters Sebastian Weigle ein anspruchsvolles Programm auf die Notenpulte gelegt. Was sich über die Jahre zwischen den Nachwuchskünstlern und ihrem „Chef“ an bemerkenswerten künstlerischen und zwischenmenschlichen Beziehungen aufgebaut hat, begeistert auch an diesem Abend. Es ist ein spannungsberstendes und instrumentalkönnerisches Musizieren auf einem Niveau, das in der Nähe der Profession angesiedelt ist. Der Maestro hat die Spieler, zwischen 13 und 25 Jahren, mit seiner energischen und genauen Zeichengebung von Anfang an fest im Griff. Sie folgen ihm „blind“, kosten eingangs den klingenden Schlachtschinken der Ouvertüre „1812“ von Peter Tschaikowski mit Hingabe aus. Ob Zarenhymne und Marseillaise, brachiales Kampfgetümmel oder Trauergedenken, festliche Siegesfanfare oder Glockengeläut: Unter des Dirigenten faszinierender Klangdramaturgie vollzieht sich ein enormer Spannungsaufbau, bleiben selbst die knalligsten Effekte stets Musik. Strahlend schmettern die Trompeten, präzise klingt das Tutti. Ähnlich verhält es sich bei der vorzüglichen Wiedergabe der 4. Sinfonie f-Moll op. 36 von Tschaikowski, deren Emotionen zwar gefühlsgroß, aber nicht gefühlsbreiig ausgespielt werden. Seine Intentionen von gleichsam transparenter, entschlackter Seelenglut vermittelt der Dirigent den Musikern sehr klar und gestenplastisch. Prachtvoll und präzise klingen Posaunen, Hörner, Trompeten und die Tuba in der Andante-Einleitung. Mit nicht weniger Bravour stürzen sie sich in die stampfenden Tanzrhythmen des Finales, kosten die anspringende Direktheit der Volksliedmelodien furios aus. Zwischen diesen Ecksätzen vollzieht sich ein kontrastbetontes, gestaltungsintensives Spiel, an dem sich alle Pulte beteiligen. Rund und warmgetönt wirft das Holz seine seelenerwärmenden Zutaten ein, räkelt sich in den lyrischen Ermattungen, färbt die Elegie des Andantino wunderschön ein. Dem wollen die Streicher nicht nachstehen, und so warten sie im Scherzo mit kapriziöser Pizzicatofreude auf. Das gelingt so vorzüglich, dass es als Dacapo dem enthusiastischen Schlussbeifall dankt. Nicht weniger begeisterte Aufnahme findet auch der 20-jährige Geiger Adam Markowski, der den Solopart von Felix Mendelssohn Bartholdys berühmtem e-Moll-Violinkonzert voller Frische und Anmut meistert. Alle Beteiligten sind dabei ein Herz und eine Seele. Mit leichter Bogenführung entlockt der Solist seinem Instrument leuchtend-geschmeidige Klänge. Die poetischen Stimmungen des instrumentalen Liedgesangs teilen sich unverstellt mit. Unverschämt schön gelingt der nahtlose Übergang vom Allegrosatz in das Andante, das vom solistischen Saitensingen voller Charme und Innigkeit beherrscht wird. Mühelos tanzt er die Virtuosität des Finales, herrlich. Kleine intonatorische Patzer vermögen nur wenig den erfreulichen Gesamteindruck einer Interpretation zu trüben, die auf brillantes Dialogisieren festgelegt ist. Die fürsorgliche und anspornende Hand Sebastian Weigles hat sich wieder einmal bewährt. Peter Buske Nächstes Konzert des Landesjugend-Sinfonieorchesters Brandenburg am 14. Dezember um 16 Uhr in der Erlöserkirche.

Peter Buske

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