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Kultur: Epochenwandel

„Schreiben nach der Wende“ – Veranstaltungen mit Autoren aus Bulgarien, Frankreich und Deutschland

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„Schreiben über die Wende“ lautet der Titel von zwei Veranstaltungen des Instituts für Romanistik der Universität Potsdam und des Brandenburgischen Literaturbüros, bei denen über den Epochenwandel Ende der achtziger Jahre gesprochen werden soll. Sechs Schriftsteller aus drei europäischen Ländern wollen herausfinden, ob und inwiefern sich die Literatur unter dem Eindruck der politischen Veränderungen jener erst kurz zurückliegenden Zeit verändert hat. Allein die Auswahl der Teilnehmer erscheint viel versprechend: Vier von ihnen sind noch – mehr oder weniger – hinter dem „eisernen Vorhang“ aufgewachsen, zwei davor.

Erstmalig werden die bulgarischen Schriftsteller Theodora Dimova (geb. 1960) und Alek Popov (geb. 1966) in Potsdam anwesend sein. Beide publizierten zuletzt weithin gelobte Bücher, die auch ins Französische und ins Deutsche übersetzt wurden. In ihrem im Jahr 2005 erschienenen Buch „Mütter“ betrachtet Theodora Dimova aus der Perspektive von Kindern die charakterlichen Deformationen, die ihre Eltern während der Zeit der Diktatur erlitten haben. Alek Popovs absurde Groteske „Mission: London“ beleuchtet die Zustände in der Bulgarischen Botschaft in Großbritannien. Von französischer Seite spricht Cécile Wajsbrot (geb.1955), deren tiefschürfende Romane, wie „Der Verrat“, in besonderer Weise zur Vergangenheitsbewältigung zwischen Deutschland und Frankreich, Juden und Nichtjuden beitragen.

Zu dem französisch-bulgarischen Autoren-Trio gesellen sich die deutschen Schriftsteller Julia Schoch, Tanja Dückers und Jens Sparschuh. Die Potsdamer Autorin Julia Schoch (geb. 1974) schrieb sich mit ihren formstrengen Erzählungen und Romanen, wie „Der Körper des Salamanders“, an die Spitze der jungen deutschen Literatur. Dazu zählt auch die Berliner Schriftstellerin Tanja Dückers (geb. 1968), die mit vielen Romanen, Erzählungen, Essays und Lyrik bekannt wurde, zuletzt „Der längste Tag des Jahres“ über die Nachkriegsgeneration. Mit seinem kurios-satirischen Nachwenderoman „Der Zimmerspringbrunnen“ (geb. 1995) erregte der gebürtige Hallenser Jens Sparschuh (geb.1955) großes Aufsehen in den alten und den neuen Bundesländern.

Auf die Frage, wie die Erfahrung des Bruchs, der politischen Wenden das Schreiben verändert hat, erhofft sich Professor Ottmar Ette vom Institut für Romanistik, sehr unterschiedliche Stimmen und unterschiedliche Antworten. „Wir kennen meistens nur die großen Nationalliteraturen, etwa die französische und die deutsche, wissen aber wenig von den kleineren Literaturen in Europa“, sagt Ottmar Ette, der das Gespräch mit Nicole Bary vom französisch-deutschen Freundschaftsverein „Les amis du Roi des Aulnes“ initiiert hat. Nach Stationen in Paris und Marseille tagt „Ecrire la rupture“, „Schreiben über den Bruch“, wie es auf französisch heißt, jetzt erstmals in Potsdam.

Ottmar Ette hofft, dass mit dieser Veranstaltung auch ein europäischer Austauschprozess begonnen wird. Jenseits der bisherigen, meistens einseitigen oder binationalen Projekte könnte damit ein erster Schritt getan werden für den Entwurf einer zukünftigen Literatur und Literaturtheorie im Zeichen Europas.

Zur Podiumsdiskussion „Die Literatur und das Schweigen der Geschichte“ mit den sechs Autoren, Nicole Bary und Ottmar Ette lädt die Universität Potsdam am kommenden Montag, um 17 Uhr ins Neue Palais, Haus 8, ein. Anschließend findet um 20 Uhr in der Villa Quandt, Große Weinmeisterstraße (Am Pfingstberg), eine Veranstaltung mit Unterstützung des Brandenburgischen Literaturbüros statt. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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