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ZUR PERSON: „Er hat das Cembalo schon geschätzt“
Sabine Erdmann über ein Konzert mit Musikern und Freunden der Hofkapelle Friedrichs II. Dieses Zusammenspiel zweier Cembali ist eine wirklich große Herausforderung.“
Stand:
Frau Erdmann, wenn im Zusammenhang mit Friedrich II. von Musik die Rede ist, wird oft von der Traversflöte gesprochen. Am Donnerstag spielen Sie zusammen mit Mira Lange Kompositionen für zwei Cembali von Musikern und Freunden der Königlichen Hofkapelle Friedrich des Großen. Spielte das Cembalo überhaupt eine Rolle in Friedrichs Musikverständnis?
Friedrich hat zwar sehr gut Flöte gespielt und auch ganz gut komponiert. Aber das alles sehr traditionell ausgerichtet.
Für Neues war wenig offen gewesen. Was sein Hofcembalist Carl Philipp Emanuel Bach komponiert hat, soll beim König nicht immer auf Gegenliebe gestoßen sein.
Carl Philipp Emanuel Bach beispielsweise hat sich mit seiner Musik Richtung Sturm und Drang bewegt und sich damit auch sehr aus dem Fenster gelehnt. Das war etwas, das Friedrich nicht mochte. Sein Flötenlehrer Johann Joachim Quantz hat nur so komponiert, wie Friedrich es wollte, nämlich immer ein wenig althergebracht. Das ist zwar sehr schön, aber wir als Musiker fragen uns immer, was wäre gewesen, wenn er diese Fußfessel Friedrich nicht gehabt hätte. Wie er wohl dann komponiert hätte.
Und Friedrichs Kompositionen selbst?
Ich kenne nun nicht alle Sonaten von ihm, aber die, die ich kenne, die klingen alle sehr nach Mainstream, wenn man es böse sagen wollte. Die sind schön, sie sind gefällig, sie plätschern ein wenig dahin.
Es heißt ja auch, dass die Begleitmusiker, die für den Basso Continuo verantwortlich sind, sich bei diesen Sonaten reichlich unterfordert fühlen.
Ja, total, aber das war ja ein Kompositionsmerkmal der damaligen Zeit als es in den galanten Stil überging. Da hat sich das harmonische Schema vereinfacht und Melodiebögen wurden groß und ausladend und sehr virtuos.
Wen zählen Sie zu den Musikern und Freunden der Königlichen Hofkapelle Friedrich des Großen in Ihrem Programm?
Wenn man an Musik für zwei Tasteninstrumente aus dieser Zeit denkt, kommt man natürlich nicht an den Konzerten von Johann Sebastian Bach vorbei. Dann spielen wir Stücke von seinen Söhnen Johann Christian und das fantastische F-Dur-Konzert von Wilhelm Friedemann, der sich mit seinen Kompositionen ebenfalls sehr weit vorgewagt hat. Das ist wirklich aufregend. Der war der größte Improvisateur seiner Zeit, der muss förmlich das Blaue vom Himmel heruntergespielt haben. Technisch sehr anspruchsvoll und voller witziger Melodieideen. Die Tempi sind schnell, da muss man wirklich sehr gut reagieren. Das ist dann wirklich wie ein Dialog zwischen den beiden Cembali, da geht es manchmal regelrecht taktweise hin und her, fast fragmentarisch. Das sind Stücke, die wir natürlich spielen wollten und da hat es gut gepasst, dass Wilhelm Friedemann Bach wenigstens einmal zu Besuch als Logiergast in Potsdam war.
Und neben Carl Philipp Emanuel Bach wird wohl auch Christoph Schaffrath auf Ihrem Programm stehen?
Ja natürlich, der wirklich sehr interessant ist. Schaffrath hat sich mit Carl Philipp Emanuel Bach die Stelle des Kammercembalisten geteilt. Und da zeigt sich auch, um auf die Anfangsfrage nach der Stellung des Cembalos in Friedrichs Musikverständnis zurückzukommen, dass er dieses Instrument schon sehr geschätzt hat und die Musiker an seinem Hofe entsprechend viel zu tun hatten. Ansonsten wäre die Stelle des Kammercembalisten nicht mit zwei Musikern besetzt worden.
Nun ist das Cembalo ja ein Instrument, das im Grunde ständig gebraucht wurde.
Das ist ja auch die Funktion des Cembalos, das ja als Herz eines solchen Orchesters zu verstehen ist, das den harmonischen Zusammenhalt liefert.
Und was macht Christoph Schaffrath in diesem Zusammenhang so interessant?
Er hat irgendwie noch einmal anders komponiert. Vielleicht nicht so aufregend wie Carl Phillip Emanuel oder Wilhelm Friedemann Bach, aber dafür mit einem ganz eigenen Stil.
Also mehr sich auf die Feinheiten konzentrierend?
In dem a-Moll-Konzert, das wir spielen, gibt es einen fantastischen zweiten Satz, der es mir besonders angetan hat. Ganz besondere Melodien, bei denen man sich fast nicht traut, diese auf dem sehr perkussiven Instrument Cembalo zu spielen. Ich höre da eher die Flöte. Das spielen wir dann auch mit einem Obermanual, damit wir diese zartere Klangfarbe haben.
Ist dieses Konzertprogramm mit der Auswahl von Musikern und Freunden der Königlichen Hofkapelle Friedrich des Großen vor allem mit Blick auf den diesjährigen 300. Geburtstag Friedrichs entstanden?
Nein, wir hatten im vergangenen Jahr einfach mal ein Programm einstudiert mit Stücken, die uns gefielen wie dem C-Dur Konzert von Johann Sebastian Bach, dem F-Dur-Konzert von Wilhelm Friedemann und die vierhändige Sonate von Johann Christian Bach, die wir auch am Donnerstag spielen. Und es ist schon immer einer meiner musikalischen Lebensträume gewesen, mit jemanden im Duo zu spielen. Was sich nicht so einfach realisieren lässt.
Weil es schwierig ist, einen entsprechenden Partner zu finden?
Ja, man muss jemanden finden, der auch dafür brennt. Und man muss sehr viel und sehr genau dafür üben. Dieses Zusammenspiel ist eine wirklich große Herausforderung.
Das Gespräch führte Dirk Becker
Sabine Erdmann und Mira Lange mit „Cembali concertati“ am Donnerstag, dem 1. März, um 20 Uhr im Kammermusiksaal Havelschlösschen, Waldmüllerstraße 3a. Eintritt kostet 25, ermäßigt 15 Euro. Kartenreservierung unter Tel.: (0331) 74 814 96
Sabine Erdmann, 1968 in Hagen geboren, erhielt ihren ersten Cembalounterricht mit elf Jahren in München.
Von 1988 bis 1993 studierte sie Cembalo an der Staatlichen Hochschule für Musik Heidelberg-Mannheim, danach an der Hochschule der Künste Berlin.
Sabine Erdmann ist regelmäßig bei Konzerten in Potsdam zu erleben, unter anderem mit dem Ensemble „Die Kleine Cammer-Music“. Daneben hat sie auf zahlreichen CD-Einspielungen mitgewirkt.
Seit 1998 lebt Sabine Erdmann als freischaffende Cembalistin in Berlin. kip
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