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Kultur: Erinnerung

Der DEFA-Film „Hälfte des Lebens“ über Hölderlin mit Jenny Gröllmann und Ulrich Mühe

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Unerwartet der Andrang im Filmmuseum. Am Dienstag zwischen Nachmittag und Abend. 18 Uhr. Die Zeit, in der sich die Familie anschickt, das Abendessen vorzubereiten oder die Kinder ins Bett zu bringen. Da könnte es passieren, dass man mit nur ein paar unentwegt Filmbegeisterten im Museumskino sitzt. Es ist zunächst die einzige Vorstellung von „Hälfte des Lebens“.

Nahezu 250 Menschen reihen sich in die Warteschlange ein, um an der Kinokasse eine Eintrittskarte zu erhalten. Sie alle möchten den DEFA-Film aus dem Jahre 1985 noch einmal oder erstmalig erleben.Wohl vor allem deswegen, weil sie der überraschende und viel zu frühe Tod des Schauspielers Ulrich Mühe bewegt.Vielleicht wollten aber einige Besucher das Gespann Ulrich Mühe und Jenny Gröllmann, die in dem Film die Hauptrollen spielen, noch einmal sehen. Nicht nur in „Hälfte des Lebens“ waren sie ein Liebespaar, auch im wahren Leben. Schließlich wurden sie für sechs Jahre ein Ehepaar. Man erinnert sich jedoch auch daran, dass Mühe seine Ex-Frau der Zusammenarbeit mit der Stasi bezichtigte – in der Zeit ihrer schweren Krebskrankheit, die sie nicht bezwang. Sie starb im August 2006.

Gut 150 Zuschauer finden im Museumskino Platz. Enttäuschung und Murren unter denen, die keine Eintrittskarte mehr erwischt haben. Und schon entschließt sich Direktorin Bärbel Dalichow ganz spontan, „Hälfte des Lebens“ am kommenden Sonntag um 14 Uhr nochmals zu zeigen.

„Hälfte des Lebens“: Der Regisseur Hermann Zschoche erzählt zehn Jahre aus dem Leben des Dichters Friedrich Hölderlin. Anfang 1796 wird er Hofmeister beim reichen Frankfurter Bankier und Kaufmann Jakob Gontard (Michael Gwisdek). Hölderlin verliebt sich leidenschaftlich in dessen Frau Susette (Jenny Gröllmann). Doch diese Liebe ist hoffnungslos. Hölderlin wird von Gontard aus dem Haus gewiesen. Nach der Trennung sind beide gebrochene Menschen. Sie wird krank und stirbt. Hölderlin gerät in tiefe Depressionen, von denen er sich nie wieder erholt. Von seiner Mutter wird der Dichter in Autenrieths Anstalt für Geisteskranke eingewiesen. Die Hälfte seines Lebens hat er aber danach krank im Turm hoch über dem Neckar in Tübingen zugebracht, 36 Jahre lang. Der Schreiner Ernst Friedrich Zimmer hat ihm dieses Domizil gewährt.

Wie bei der Premiere vor 23 Jahren bleibt der Eindruck: Zschoche und seine Darsteller haben ein sehr empfindsames Bild der romantischen Epoche nachempfunden und sie lebendig werden lassen. Großen Anteil daran haben die beiden Hauptdarsteller Jenny Gröllmann und Ulrich Mühe. Sie vermochten ihre Rollen wunderbar von innen heraus zu spielen. Hin und wieder war im Streifen Pathos anwesend und der gesellschaftskritische Zeigefinger durfte wohl ebenfalls nicht fehlen.

Potsdam mit seinen Gebäuden und Straßen war, wie so oft in DEFA-Filmen, auch an diesem Projekt reichlich beteiligt. Die Breite Straße, die Wilhelm-Staab-Straße mit ihren frühklassizistischen Häusern, das Schloss Charlottenhof, die Sanssouci-Orangerie mussten für hessisches Ambiente herhalten. Darsteller kamen ebenfalls aus Potsdam. So die in den fünfziger und sechziger Jahren am Hans Otto Theater engagierte und beliebte Trude Brentina als Bankiersmutter Gontard. Auch die Personnage im Kleinen Fach waren Hiesige. Und das beeindruckende Szenarium schrieb die Babelsberger Schriftstellerin Christa Kozik.

Der Filmabend wurde zu einer würdigen Ehrung für Ulrich Mühe, aber auch für Jenny Gröllmann.

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