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Kultur: Erinnerungen sammeln sich an wie Staub

Helga Schütz hat im Aufbau Verlag einen neuen Roman veröffentlicht: „Knietief im Paradies“

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Helga Schütz hat im Aufbau Verlag einen neuen Roman veröffentlicht: „Knietief im Paradies“ Sie ist unterwegs, mit ihrer Karre, dekoriert das Ballhaus, das Rednerpult, den Gerichtssaal. Mit Alpenveilchen, Azaleen und Grünpflanzen. Als Gärtnerin ist Eli auf Achse, lernt viele unterschiedliche Menschen und die Stadt in ihrer wider beginnenden Vielfalt kennen. Die Stadt – das ist Dresden. Eli hat die schreckliche Bombennacht am 13. Februar 1945 überlebt, richtet sich bei ihrem Großvater Anton häuslich ein. Denn die Mutter, die nach Schlesien reiste, um warme Federbetten zu besorgen, kam nie wieder in Dresden an, der Vater musste sein Leben in der Schlacht von Stalingrad lassen. In die von tiefen Wunden geschlagene Stadt bringt sie ein wenig Farbe, weil man es auch von ihr verlangt. Mit Blumen. Es scheint, als ob sie wie ein mausgraues Etwas durch die Straßen huscht. Doch das schüchterne Mädchen ist ein durchweg liebenswertes. Doch erkennen muss man ihre Reize und Stärken. Die Potsdamer Schriftstellerin Helga Schütz hat wiederum einen Dresden-Roman geschrieben. Denn die Stadt an der Elbe lässt sie einfach nicht los. Wie sollte sie auch? Die Autorin hat die prägende Zeit ihres Lebens in Dresden verbracht, ihre Kinder- und Jugendjahre. Ihr soeben im Aufbau Verlag Berlin, dem sie schon lange die Treue hält, erschienenes Buch „Knietief im Paradies“ hat darin sicherlich Autobiografisches mit Erfundenem verwoben. „Der Mensch hat Erinnerungen. Sie sammeln sich an wie Staub“, so schreibt Helga Schütz in ihrem Roman. Sie erzählt davon, dass sich ihre Heldin fast wie im Paradies vorkommt, obwohl man es nicht kennt. Aber sie befindet sich ja auch nur knietief im Garten Eden. Da ist auch ihre Sehnsucht nach Liebe, nach einem Mann, mehr heimlich als offen. Helga Schütz hat die Geschichte mit etwas Melancholie aufgeschrieben, aber keinesfalls so, dass die Tränendrüsen in Anspruch genommen werden müssen. Man kann sogar oft über Eli und ihre Erlebnisse schmunzeln, auch herzlich lachen. So, wenn sie, bevor sie zum Tanz geht, ihre Schuhspitzen mit Rosenblättern und Levkojen füllt und duftenden Flieder unters Kleid stopft, da ja Eau de Cologne noch nicht zu haben war. Mit leiser Ironie und feiner Heiterkeit nimmt das Mädchen Eli die Lesebegleiter mit auf ihre Touren durch die zerstörte Stadt, in der es viel Lebensmut gibt. „Knietief im Paradies“ ist ein Buch, das man mit großer innerer Bewegung liest. Klaus Büstrin Helga Schütz, Knietief im Paradies, Aufbau-Verlag, 17.90 Euro.

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