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Lange sah man den neuen Museumsstandort vor lauter Säulen nicht. Doch mit der Eröffnung im Alten Rathaus im kommenden Jahr kann einer der Schwerpunkte in den „Kulturpolitischen Konzepten“ als erfüllt bezeichnet werden.

©  Manfred Thomas

Kultur: Es bleibt ein langer Weg

Mehr Kritik statt Lob: Die Zwischenbilanz zu den „Kulturpolitischen Konzepten“

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Kritik war zu erwarten. Umso mehr überraschte es, als Dieter Wiedemann zufrieden ans Pult trat und sagte, dass im Bereich Film größtenteils alles erfüllt worden sei. Die Kinder-Filmuniversität habe sich in Potsdam etabliert, die Stadt hat seit 2008 mit Gerhard Bergfried einen Medienbeauftragten, es gab vor drei Jahren eine Stadtfilmemacherin und das Themenjahr 2011 stehe unter dem Titel „Stadt des Films“. Wiedemann, Rektor an der Babelsberger Filmhochschule, schien fast wunschlos glücklich. Er hatte dann aber doch mit Hinweisen auf die Wiederaufnahme der Stadtfilmemacheridee, einem Filmwettbewerb und einer stärkeren Förderung seiner „Kreativen“, damit diese nach dem Studium nicht sofort nach Berlin abwandern würden, ein paar Vorschläge an die Verwaltung. Doch so diplomatisch wie Wiedemann dies vermittelte, muss das wie Schmeicheleien in den Ohren der Verantwortlichen geklungen haben.

Manch andere Meinung, die am vergangenen Freitag bei der ersten Zwischenbilanz der „Kulturpolitischen Konzepte der Landeshauptstadt Potsdam“ im Treffpunkt Freizeit zu hören war, klang dagegen weniger schmeichelhaft. Doch diplomatisch blieb der Ton immer.

Ende 2007 hatten die Stadtverordneten nach zwei Jahren Vorarbeit den mit „Kulturpolitische Konzepte der Landeshauptstadt Potsdam“ überschriebenen Maßnahmenkatalog der Kulturverwaltung verabschiedet. Von 2008 bis 2012 wollte man so „einen mittelfristigen Handlungsrahmen für die kulturelle Entwicklung der Stadt“ abstecken. Im Klartext: Wo sollen in einer an Kultur so vielfältigen Stadt wie Potsdam bei stagnierenden oder gar immer weniger werdenden Fördergeldern in Zukunft die Schwerpunkte gesetzt werden? Ein Prioritätenliste seitens der Verwaltung, die unter anderem Literatur und kulturelle Bildung, Jugend- und Soziokultur, Musik, Film und Bildende Kunst betrifft. Aber nicht als Diktat durch das Amt, sondern im Dialog mit denen, die in Potsdam Kultur machen. Dass die Umsetzung dieser „Kulturpolitischen Konzepte“, die in ihre Entwicklungsphase für manchen verlockend, für andere eher wie eine Drohung klangen, ein langwieriger Prozess sein wird, wurde nicht erst bei den Diskussionsrunden am vergangenen Freitag klar. Was bei dieser Zwischenbilanz, zu der Akteure aus der Verwaltung und den Kulturbereichen an neun Runden Tischen zusammengekommen waren, aber vielleicht so zum ersten Mal deutlich wurde, ist die Gewissheit, dass dieser Prozess wohl noch sehr lange dauern wird.

Natürlich gibt es schon jetzt Ergebnisse. Aber auch vieles, dass noch nicht einmal angefangen scheint.

Mit der Entscheidung für den Umzug des Potsdam Museums in das sanierte Alte Rathaus ist ein entscheidender Schritt dahin getan, dass die Stadtgeschichte in Potsdam endlich den Stellenwert erhält, den sie verdient. Von der holländischen Puppenstube in der Benkertstraße in das repräsentative Ausstellungshaus am Alten Markt, in dessen Nachbarschaft das Potsdamer Stadtschloss wieder aufgebaut wird. Aber – und dieses „Aber“ war oft zu hören – trotz der positiven Entwicklung muss immer wieder auf Lücken in der Finanzierung hingewiesen werden. Gelder, die notwendig sind, damit die zukünftige Dauerausstellung und andere Wechselausstellungen im entsprechenden, den Erwartungen und dem Anspruch gerecht werdenden Rahmen gezeigt werden können. Der Anspruch auf der einen Seite, die begrenzten Möglichkeiten durch gedeckelte Finanzierungen auf der anderen zeigten nicht nur am Beispiel des Potsdam Museums, in welchem Teufelskreis sich heute Kultur bewegen muss. Das wurde ganz besonders deutlich, als die kulturelle Bildung zur Sprache kam.

Da ist in den vergangenen Jahren das Angebot immer mehr gewachsen. Ob nun Theater oder Musik, die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen rückt für viele immer stärker in den Vordergrund. So werden Hemmschwellen abgebaut, Neugier und Begeisterung geweckt und ein neues Publikum für die kulturellen Angebote in dieser Stadt gefunden. Aber es fehlt an entsprechenden Geldern um überhaupt nur ansatzweise den Ansprüchen, die bei Schulen oder anderen Einrichtungen bestehen, gerecht zu werden. Und es sind nicht allein Gelder, die für die Durchführung verschiedenster Projekte gebraucht werden, sondern um das nötige Personal zu finanzieren. Ein Problem mit dem Namen Unterfinanzierung, dass auf alle Runden Tische übertragen werden konnte. Was dann auch immer deutlicher wurde, war die Diskrepanz, die in vielen Fällen zwischen Verwaltung und den Kulturträgern besteht.

Mehrmals war zu hören, dass sich mehr und vor allem kompetente Ansprechpartner in der Verwaltung gewünscht werden. Ansprechpartner, die für jeweilige Bereiche wie Literatur oder Musik oder Bildende Kunst verantwortlich sind und auch entsprechend beraten können. Eine Forderung, die so berechtigt wie illusorisch ist, weil selbst in diesen Bereichen gespart und gekürzt wird, immer mehr Arbeit auf wenige verteilt wird. In dieser Hinsicht treffen die, die Kultur machen, mit denen, die entsprechende Gelder verwalten mittlerweile fast schon auf Augenhöhe zusammen. Trotzdem blieb auch am Freitag ein Unbehagen gegenüber der Schwerfälligkeit in der Verwaltung. Denn wie lässt sich erklären, dass das Potsdam Museum, das nun endlich am neuen Standort mit entsprechendem Selbstbewusstsein auftreten könnte, noch immer keinen eigenen Internetauftritt hat, geschweige denn ein Logo. Gerade jetzt, wo das Alte Rathaus saniert und die zukünftige Dauerausstellung geplant wird, könnte dieser Prozess im Internet mit verfolgt werden. Eine Möglichkeit, Neugier auf das neue Potsdam Museum zu schüren und auch außerhalb dieser Stadt für das Kommende zu werben. Denn auch das war Thema bei der Zwischenbilanz: Eine verstärkte Außenwerbung der Kultur in Potsdam.

Dass hier noch viel allein an Grundlegendem geleistet werden muss, zeigte schon, dass immer wieder gefordert wurde, die Verteilung der öffentlichen Gelder für alle transparent zu gestalten. Dass es für bestimmte Bereiche überhaupt keine klaren Definitionen gibt, keine Erhebungen, an denen sich ablesen lässt, welche Institution in dieser Stadt mit wie viel Geld Kultur schafft, überhaupt eine Übersicht, was an geförderter und privater Kultur in dieser Stadt angeboten wird. Eine Aufgabe, die nicht allein der Verwaltung überlassen wird. Das zeigte die Bereitschaft einiger Teilnehmer der Runden Tische, die sich in Zukunft regelmäßig treffen wollen. Und vielleicht wird dann bei der nächsten Zwischenbilanz die Liste mit den Namen, die der Einladung durch die Verwaltung gefolgt sind, länger sein als die, die gar nicht erst erschienen sind.

Dirk Becker

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