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Kultur: „Es hat Spaß gemacht“

Ein Buch von Magda Greßmann zum 65. Geburtstag von Regine Hildebrandt

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Sie ist eine Kämpfernatur und auch eine Nervensäge. So schnell lässt sie sich nicht abwimmeln, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Und genau das hat sie mit Regine Hildebrand gemein – der unerschrockenen Politikerin, die gestern 65 Jahre alt geworden wäre. Pünktlich zum Geburtstag der viel zu früh Verstorbenen präsentierte Magda Greßmann einen Bildband über die Ost-Ikone mit der Kodderschnauze und dem großen Herz.

Dass es diese facettenreiche, 80-seitige Fotobroschüre geschafft hat, das Licht der Öffentlichkeit zu erblicken, grenzt fast an ein kleines Wunder. Kurz vor der Drucklegung sprang ein großer Verlag ab. All“ die Arbeit, die Magda Greßmann bereits in ihr Projekt investiert hatte, schien zu verpuffen. Da half ihr ein breit gestrickter Freundeskreis, der sie hilfreich in die Arme des Scheunen-Verlags in Kückenshagen an der Ostsee trieb. Drei Tage vor der Leipziger Buchmesse erhielt der Verlagschef Andreas Ciesielski den flehenden Anruf, der Potsdamer Journalistin beizuspringen. Als er hörte, um wen sich das Buchprojekt drehen sollte, war er sofort Feuer und Flamme. Und er druckte in Windeseile dieses lebendige Gedenkbuch, das Regine Hildebrandt mit ganz unbekannten Gesichtern, aber mit ihrer unverkennbaren Stimme (auf Originalton-CD beigelegt) ganz nah rücken lässt. Auch Buchpaten wurden gewonnen, die das Projekt finanziell unterstützten. Dazu gehört Barbara Hackenschmidt, die bei der gestrigen Buchpremiere im Café Rothenburg an ihre „politische Mutter“ erinnerte. Über fünf Jahre war sie Büroleiterin in Regine Hildebrandts Wahlbezirk Elbe-Elster. „Sie riss mich politisch mit, schmiss mich ins kalte Wasser. Und genau dadurch lernte ich, Verantwortung zu übernehmen.“ „Lass dich nicht unterkriegen. Führe den Kampf der Kämpfe“, sei ein Credo der unverbrauchten SPD-Frau gewesen, von deren Geist sie sich noch immer getragen fühle, so die heutige Landtagsabgeordnete.

Auch Magda Greßmann ist bis heute angetan von der Frau, die sie 1992 kennen lernte: „konzentriert, leise, aufmerksam. So zuhörend und wach habe ich sie oft erlebt. Der seltsame Gegensatz zu ihrer oft tönenden Art fasziniert mich bis heute“. Magda Greßmann hatte die Möglichkeit, der unermüdlichen Sozialministerin ganz nahe zu kommen. In der Phase, als sich durch die Koalitionsverhandlungen mit der CDU der Abschied der „roten“ Ministerin aus der Politik anbahnte, durfte sie sie zwei Wochen im Dienstwagen begleiten. Die Fotografin kniete rücklings auf dem Beifahrersitz, drückte aber nur selten auf den Auslöser. „Nur wenn es der Anstand erlaubte.“

Die Fotos könnten verschiedener kaum sein: Mal lächelt Regine Hildebrandt gelöst wie ein junges Mädchen, dann wirkt sie nachdenklich, müde, aber immer wieder kämpferisch, mit Händen und Füßen gestikulierend. Und schließlich vom Tod gezeichnet. „Wenn das Leben für einen lieben Menschen nur noch Belastung ist, ist das Sterben dürfen eine Erlösung“, schrieb Regine Hildebrandt im April 2001 an Magda Greßmann, als deren Mutter starb. Ein halbes Jahr später wurde auch Regine Hildebrandt zu Grabe getragen.

Das Fotobuch hätte ihr sicher gefallen. Es trägt den Titel „Es hat Spaß gemacht!“ Ein Satz, den die unvergessene „Stimme des Ostens“ nicht nur oft sagte, sondern lebte. Heidi Jäger

Bevor das Buch in den Handel kommt (12 €), kann man es beim Scheunenverlag bestellen: Tel. 03822/359308.

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