Kultur: Fabelhaft?
Irina Liebmann und Maxim Leo über ihre Kindheit
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Die Schriftstellerin Irina Liebmann, geboren 1943, wuchs als Tochter des kommunistischen Journalisten jüdischer Herkunft Rudolf Herrnstadt (1903–1966) auf. 1945 war die Familie aus der Sowjetunion nach Deutschland zurückgekehrt, wo Herrnstadt als Journalist arbeitete und hohe Ämter innehatte, bis er nach dem Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953 entlassen und aus der Partei ausgeschlossen wurde. Irina Liebmann porträtierte ihren Vater in dem Buch „Wäre es schön? Es wäre schön!“ (2008). Am Donnerstag um 18 Uhr ist sie gemeinsam mit Maxim Leo zu Gast in der Gewölbehalle im historischen Kutschstall, um unter dem Thema „Fabelhafte Familien?“ über ihre Kindheit zu erzählen.
Maxim Leo, geboren 1970, ist der Enkel von Gerhard Leo (1923–2009), der im französischen Exil im Widerstand kämpfte und später Sonderkorrespondent für das „Neue Deutschland“ wurde. Auch die Mutter, Annette Leo (geboren 1948), arbeitete als Journalistin, opponierte jedoch gegen die Verhältnisse in der DDR. Maxim Leo, seit 1997 Redakteur der „Berliner Zeitung“, beschreibt in „Haltet euer Herz bereit“ (2009) seine subjektive Erinnerungssuche nach der eigenen Kindheit.
Die DDR gibt es seit mehr als zwanzig Jahren nicht mehr, sie gehört für sehr viele Menschen nicht mehr zu etwas real Erlebtem, sie ist für sie nicht einmal mehr Vergangenheit. Umso bemerkenswerter sind die literarischen DDR-Kindheitserinnerungen der letzten Jahre. Das Zentrum für Zeithistorische Forschung wollte mit vier Autorinnen und Autoren ins Gespräch kommen, die autobiografische Erinnerungen in Literatur transformieren. Nach den Büchern von Marion Brasch und André Kubiczek, die im Juli vorgestellt wurden, folgen nun die Erinnerungen von Irina Liebmann und Maxim Leo. Sie weisen ihre Bücher schon im Untertitel als Biografie des Vaters beziehungsweise als Familienchronik aus. Es wird die Sicht der Kinder auf die Eltern artikuliert, nicht die der Wissenschaft auf historische Subjekte. Durch ihre jeweils besonderen Geschichten öffnen die Autoren den Blick auf ein Land, das es nicht mehr gibt. PNN
Donnerstag, 12. September, 18 Uhr, Kutschstall des HBPG, Am Neuen Markt 9
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